3 – Regelmäßige Rechtsverletzungen
Der Globale Rechtsindex des IGB

Albanien

Die Mitgliedsorganisationen des IGB in Albanien sind der albanische Gewerkschaftsbund KSSH und der Bund Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH).

Albanien ratifizierte 1957 das Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (1948) und das Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen (1949).

Praxis

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Anerkennung von Gewerkschaften verzögert14-01-2020

Angaben des Bundes Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH) zufolge sei das Recht auf Vereinigungsfreiheit zwar arbeitsrechtlich geschützt, aber in der Praxis errichteten Arbeitgeber künstliche Hindernisse, die zu übermäßigen Verzögerungen bei der Zulassung von Gewerkschaften führten.

Führende Vertreter der Vereinten Bergarbeitergewerkschaft von Bulqiza fünf Tage nach Gewerkschaftsgründung willkürlich entlassen 31-12-2019

Die Vereinte Bergarbeitergewerkschaft von Bulqiza (Albanien) hat am 17. November 2019 ihre Gründung bekannt gegeben. Fünf Tage später wurde der Vorsitzende der Gewerkschaft von AlbChrome, dem größten in der Region tätigen Chromerzeuger und Teil eines äußerst mächtigen Konzerns (Balfin), entlassen, woraufhin die Beschäftigten einen Streik begannen, um seine Wiedereinstellung und letztendlich ein Ende der gegen die Arbeiter gerichteten Repressionen sowie höhere Löhne zu fordern. In den Tagen darauf wurden andere führende Köpfe und Aktivisten der Gewerkschaft vorübergehend festgenommen und von der Polizei verhört.

Am 2. Dezember hat AlbChrome ein weiteres Mitglied des Gewerkschaftsvorstandes entlassen. Angesichts der Angriffe seitens des Arbeitgebers und der Polizei sowie einer absoluten Mediensperre beschlossen die Beschäftigten, ihren Streik zu beenden, als die örtliche Arbeitsaufsicht zusagte, dass sie die Entlassungen der Gewerkschafter untersuchen werde.

Am 12. Dezember wurde noch ein Mitglied des Gewerkschaftsvorstandes verwarnt, mit Kündigung bedroht und zurückgestuft, wobei er Tätigkeiten verrichten sollte, für die es ihm an Erfahrungen mangelte.

Bis Ende 2019 war vielen Beschäftigten mit Entlassung gedroht worden, falls sie der neuen Gewerkschaft beiträten bzw. ihr weiter angehörten. Darüber hinaus waren Gewerkschafter zum Teil vorübergehend festgenommen, verhört und von der Polizei eingeschüchtert worden, andere wurden verprügelt und inhaftiert.

Nicht unerwartet endete die Untersuchung der Arbeitsaufsicht mit der Feststellung, dass das Unternehmen mit der Entlassung der führenden Gewerkschaftsvertreter keinen Rechtsverstoß begangen habe. Der Entscheid wurde sowohl vom Arbeitgeber als auch von der etablierten alten Gewerkschaft als Sieg gefeiert.

Obwohl die Einnahmen aus Chromexporten mehr als 100 Mio. Euro pro Jahr betragen, gehören die Familien in Bulqiza zu den Ärmsten in Albanien und für ihr Überleben sind sie auf die Minen angewiesen. Die Gewerkschaft wurde unterdessen weiter attackiert.

Gewerkschaftsmitglieder suspendiert 31-12-2018

Der Bund Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH) hat über zahlreiche willkürliche Suspendierungen von Gewerkschaftsmitgliedern, einschließlich führender Gewerkschaftsvertreter/innen, während des Jahres 2018 berichtet, u.a. beim Energieunternehmen Energy Company O.S.T., bei der Nationalen Rohstoffagentur und beim Schuhhersteller ALBA Group sh.p.k.

Bildungsministerium verzögert gezielt Verhandlungen18-02-2018

Der albanische Gewerkschaftsbund KSSH und der Bund Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH) haben berichtet, dass das Bildungsministerium während des Jahres 2017 Verhandlungen mit den Dachverbänden mehr als acht Monate lang verzögert habe, um die Unterzeichnung eines Tarifvertrages mit vierjähriger Laufzeit im Bildungswesen zu umgehen. Am Jahresende kam schließlich eine Einigung zustande.

Gewerkschaftsfeindliche Praktiken nach wie vor weit verbreitet 16-02-2018

Die albanischen Gewerkschaften berichten über nach wie vor weit verbreitete gewerkschaftsfeindliche Praktiken in dem Land. Angaben des albanischen Gewerkschaftsbundes KSSH zufolge werden Gewerkschaftsmitglieder sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst weiterhin diskriminiert, und im Falle von Streiks komme es häufig zu Eingriffen (wie etwa durch die Einstellung von Ersatzarbeitskräften und die erzwungene Rückkehr Streikender an ihren Arbeitsplatz im Ölsektor). Der Bund Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH) weist zudem darauf hin, dass es im Jahr 2017 mehrere Fälle gegeben habe, in denen die Arbeitgeber Gewerkschaftsbeiträge einbehalten hätten, obwohl vereinbart worden war, sie nach dem Abzug von den Löhnen an die Gewerkschaft zu überweisen.

Regierung degradiert Nationalen Arbeitsrat 30-01-2018

Zwischen 2017 und Januar 2018 hat die Regierung die Arbeit des Nationalen Arbeitsrates, des für den sozialen Dialog zuständigen dreigliedrigen Gremiums, unterbrochen und ihn seiner Funktionen entbunden, die stattdessen dem neu eingerichteten Wirtschaftsrat übertragen wurden. Die Sozialpartner wurden nicht konsultiert. Dem neuen institutionellen Rahmenwerk mangelt es an Klarheit bezüglich der Aufgaben, wodurch die Funktionstüchtigkeit der Arbeitsverwaltung und die Inkraftsetzung der Arbeitsgesetzte gefährdet sind.

Beschäftigte am Beitritt zur Gewerkschaft ihrer Wahl gehindert08-06-2016

Beschäftigte des Fährterminals Durres wurden von ihrem Arbeitgeber, einem privaten Unternehmen, daran gehindert, der BSPSH-Mitgliedsgewerkschaft beizutreten. Im Vorfeld der Abstimmung darüber, von welcher Gewerkschaft sie sich vertreten lassen wollten, wurde denjenigen gedroht, die der BSPSH-Mitgliedsorganisation beitreten wollten. Der Arbeitgeber wollte lediglich Betriebsgewerkschaften anerkennen, die der BSPSH als gelbe Gewerkschaften betrachtet.

Hindernisse bei der Eröffnung von Gewerkschaftskonten08-06-2016

Angaben des Bundes Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH) zufolge ist es nach wie vor schwierig für Gewerkschaftsbünde, Bankkonten zu eröffnen, da sie oftmals steuerlich gemeldet sein und eine Steuernummer angeben müssen, obwohl sie von der Steuer befreite gemeinnützige Organisationen sind. Das Problem wurde mehrfach im Rahmen des Nationalen Arbeitsrates angesprochen, aber bisher wurde noch keine Lösung gefunden.

Versuchte Umgehung des BSPSH bei Tarifverhandlungen08-06-2016

Als die dem Bund Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH) angehörende Unabhängige Bildungsgewerkschaft im Dezember 2014 als repräsentativste Gewerkschaft im albanischen Bildungswesen die Verlängerung ihres Tarifvertrages beantragte, kam es wiederholt zu Verzögerungen. Der BSPSH geht davon aus, dass beabsichtigt wurde, die Gewerkschaft aus den Verhandlungen herauszuhalten und einen Vertrag mit der regierungsnahen Gewerkschaft abzuschließen. Dank der Intervention der nationalen Schlichtungsstelle wurde schließlich Ende September 2015 mit Verhandlungen begonnen, und bis Januar 2016 hatten beide Parteien einen Vertrag unterzeichnet.

Unabhängiger Gewerkschaftsbund diskriminiert08-06-2016

Der Bund Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH) ist im Nationalen Arbeitsrat gegenwärtig unterrepräsentiert. Seine Vertreter sind in dem Gremium in der Minderheit, obwohl er die meisten Mitglieder hat. Der BSPSH hat zudem festgestellt, dass das Energieunternehmen KESH und das Gesundheitsministerium Tarifverträge mit regierungsnahmen Gewerkschaften abgeschlossen haben, obwohl der BSPSH die meisten Beschäftigten vertritt. Der Tarifvertrag des BSPSH mit dem Gesundheitsministerium lief bis Februar 2015, als hinter seinem Rücken ein neuer Vertrag mit einer anderen Gewerkschaft unterzeichnet wurde.

Führende Gewerkschaftsvertreter willkürlich entlassen 08-06-2016

Der Bund Unabhängiger Gewerkschaften Albaniens (BSPSH) hat berichtet, dass führende Vertreter seiner Mitgliedsgewerkschaften aufgrund ihrer Gewerkschaftsaktivitäten entlassen worden seien. Die Vorsitzenden von Betriebsgewerkschaften in folgenden Branchen und Regionen wurden entlassen:
Forstwirtschaft, Korça und Puka,
Energiesektor, Shkodra,
Gesundheitswesen, Elbasan, Gjirokastra und Fier,
Telekommunikation, Fier und Gjirokastra,
Wasser- und Abwasserwirtschaft, Tirana.
In den meisten Fällen wurden die Arbeitgeber wegen ungerechtfertigter Entlassungen für schuldig befunden, und die Gewerkschafter erhielten eine Entschädigung.

Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung19-06-2015

Mehrere Beschäftigte wurden aufgrund ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft oder ihrer Gewerkschaftsaktivitäten entlassen.
- Der Vorsitzende der Gewerkschaften bei Energieunternehmen wurde an einen anderen Standort versetzt.
- Der Vorsitzende der Gewerkschaften bei der Telekommunikationsgesellschaft wurde unter dem Vorwand einer Umstrukturierung entlassen.
- Der Vorsitzende der Gewerkschaften bei forstwirtschaftlichen Unternehmen wurde 2014 entlassen und kämpft weiterhin bei Gericht gegen seine Entlassung.

Schlechte Arbeitsbedingungen in der Textil- und Schuhindustrie31-12-2011

In der Textil- und Schuhindustrie, aus der rund 35% der Exporte stammen und in der etwa zwei Drittel aller Beschäftigten im nicht landwirtschaftlichen, privaten Bereich arbeiten, kommt es besonders häufig zu Verletzungen der Arbeitnehmer- und der Gewerkschaftsechte. Von annähernd 100.000 Beschäftigten sind rund 90% junge Frauen, und Kinderarbeit ist nicht unüblich. Schätzungen zufolge sind etwa 40% der Beschäftigten nicht angemeldet. Es gibt in der Branche nach wie vor nur sehr wenige Gewerkschaftsmitglieder, da im Falle eines Gewerkschaftsbeitritts mit Entlassung gedroht wird.

Unzureichende Inkraftsetzung der Gesetze31-12-2011

Der Arbeitsaufsicht fehlen die Mittel, weshalb trotz zahlreicher Beschwerden der Gewerkschaften nur sehr wenige Betriebe inspiziert werden. Die Arbeitsaufsichtsbeamten verfügen häufig nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse, da sie hauptsächlich nach ihren politischen Präferenzen ausgewählt werden.

Die Arbeitnehmer- und die Gewerkschaftsrechte werden von den Gerichten, die überlastet sind und zum Teil drei Jahre brauchen, um Fälle im Zusammenhang mit gewerkschaftsfeindlichen Schikanen zu prüfen, nicht ausreichend geschützt. Einige Richter, denen arbeitsrechtliche Fälle übertragen werden, sind auf diesem Gebiet nicht spezialisiert.

Gewerkschaftsfeindliche Arbeitgeber31-12-2011

Der albanische Gewerkschaftsbund KSSH berichtet, dass gewerkschaftsfeindliches Verhalten seitens der Arbeitgeber weit verbreitet ist, und unter anderem Versetzungen, Herabstufungen, Lohnkürzungen und Entlassungen umfasst. Viele Unternehmen stehen Gewerkschaften weiterhin feindselig gegenüber, sehen sie als Hindernis beim ungehinderten Umgang mit ihren Beschäftigten und versuchen, Tarifverträge zu umgehen. In einigen Unternehmen sind den Gewerkschaften Kontakte zu den Beschäftigten untersagt, und es hat Fälle gegeben, in denen gewaltsam gegen Gewerkschaften vorgegangen wurde.

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