Uruguay
Der IGB hat in Uruguay keine Mitgliedsorganisation. Der wichtigste Dachverband ist der Plenario Intersindical de Trabajadores - Convención Nacional Trabajadores (PIT-CNT).
Uruguay ratifizierte 1954 das Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (1948) und das Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen (1949).
Rechtslage
Vereinigungsfreiheit / Vereinigungsrecht
Vereinigungsfreiheit
Die Vereinigungsfreiheit ist in der Verfassung verankert.
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung ist gesetzlich verboten.
Tarifverhandlungsrecht
Tarifverhandlungsrecht
Das Tarifverhandlungsrecht wird gesetzlich anerkannt.
Sonstige Beschränkungen
- Sonstige Beschränkungen
- Bezüglich der Tarifkommissionen ist die IAO der Ansicht, dass die Möglichkeit, die Beschäftigungsbedingungen im Rahmen dreigliedriger Kommissionen festzulegen, dem Prinzip ungehinderter und freiwilliger Verhandlungen zuwiderläuft. Obwohl die Mindestlöhne von dreigliedrigen Gremien festgelegt werden könnten, müsse über die übrigen Arbeitsbedingungen zwischen Arbeitnehmerorganisationen und Arbeitgebern bzw. deren Organisationen verhandelt werden, ohne Eingriffe seitens der staatlichen Behörden.
Streikrecht
Streikrecht
Das Streikrecht ist in der Verfassung verankert.
Praxis
Am 8. November 2017 nahm die Gewerkschaft der fleischverarbeitenden Industrie und verwandter Sektoren, FOICA, den Arbeitskampf auf und verurteilte wiederholte gewerkschaftsfeindliche Maßnahmen der Firmen Ersinal S. A., Frigorífico Solís und Ecocranes/Broncelil. Der Gewerkschaftsverband erklärte, dass die Arbeitgeber die vermeintliche Krise des Sektors ausnutzten, um zu versuchen, die Verbindungen zwischen der Gewerkschaftsorganisation und den Arbeitnehmern aufzulösen und so die Aushandlung eines sektoralen Tarifvertrages zu vermeiden. Mehrere Vorschläge zur Überwindung der Krise wurden abgelehnt, die Ersinal S. A. und Frigorífico Solís von den Arbeitnehmern und der nationalen Behörde für den Arbeitsmarkt unterbreitet worden waren. In der Firma Ecocranes/Broncelil wurde hingegen Geld angeboten und die Beschäftigten wurden gezwungen, die Gewerkschaft zu verlassen, um ihre Arbeitsplätze zu behalten. Am 21. Dezember unterzeichneten Frigorífico Solís und die Arbeitnehmer eine Vereinbarung, in der die Gewerkschaft den Schutz ihrer Vertreter erreichte. Vier Gewerkschaftsvertreter wurden wieder eingestellt.
Die Gewerkschaft Unión Autónoma de Obreros y Empleados del Gas verurteilte MontevideoGas, eine Tochtergesellschaft von Petrobras, wegen der Entlassung eines ihrer Mitglieder. Es gab 55 weitere Entlassungen, nach Angaben des Unternehmens bedingt durch die notwendige Umstrukturierung, da die Gasversorgung über Rohrleitungen der Verteilergesellschaften MontevideoGas und Conecta nicht mehr rentabel sei. Seit September 2017 verhandelten das Unternehmen und die Gewerkschaft über eine Einigung. Das Unternehmen hatte sich auf die Restrukturierung der Kosten konzentriert, die Arbeitsaspekte und die Auslagerung einiger Dienstleistungen umfasste. Bis Dezember 2017 lehnte die Gewerkschaft diesen Vorschlag ab, weil sie der Ansicht war, dass das eigentliche Ziel des Unternehmens darin bestand, die Dienstleistungen auszulagern, um das eigene Personal zu entlassen und damit die Gewerkschaft aufzulösen.
Am 2. November 2017 wies der Exekutivsekretär der branchenübergreifenden Gewerkschaft Plenario Intersindical de Trabajadores – Convención Nacional de Trabajadores (PIT-CNT) die Entlassung eines Kommunalbediensteten aus dem Unternehmen Artigas zurück, die unmittelbar nach dessen Wahl zum Branchen- und Gewerkschaftsvertreter dieser Gewerkschaft erfolgt war. Herr Fernando Silveira war im September 2017 nach 11-jähriger Betriebszugehörigkeit und ohne Eintrag oder Beanstandung in seiner Personalakte entlassen worden.
Die nationale Gewerkschaft des privaten Bildungssektors verurteilte mehrere Entlassungen an mehreren Privatschulen aus gewerkschaftsfeindlichen Gründen. Es handelte sich insbesondere um die drei Schulen Elbio Fernández, Cervantes und Sagrada Familia. Diese Institutionen entließen mehrere Gewerkschaftsvertreter, und in einem Fall entlassen sie auch eine Person, die der Institution zuvor die Verfolgung der Gewerkschaft vorgeworfen hatte.
Im Dezember 2011 rief die uruguayische Ärztegewerkschaft SMU (Sindicato Médico del Uruguay) die Beschäftigten zu einer Reihe von Arbeitsniederlegungen im öffentlichen und privaten Gesundheitssektor auf, um für die Einhaltung der im Jahr 2009 unterzeichneten Tarifabkommen zu protestieren. Ferner forderten die Beschäftigten Arbeitsbedingungen, die ihnen einen angemessenen Dienst am Patienten ermöglichen, und zwar sowohl im Hinblick auf die ihnen hierfür zur Verfügung stehende Arbeitszeit als auch im Hinblick auf die Entlohnung ihrer Tätigkeit.
Im November 2011 entschlossen sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Metallindustriesektors, die der Gewerkschaftsorganisation UNTMRA (Unión Nacional de Trabajadores del Metal y Ramas Afines) angehören, zu einem 25-tägigen landesweiten Streik, um gegen die Haltung der Unternehmen des Metallindustriesektors zu protestieren, die sich zehn Monate lang beharrlich geweigert hatten, im Rahmen der dreigliedrigen Tarifkommissionen (Consejos de Salarios) über ein neues Tarifabkommen zu verhandeln. Bei diesen Tarifkommissionen handelt es sich um ein Verhandlungsverfahren, bei dem sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber progressive Lohnanpassungen in einer bestimmten Branche innerhalb eines festgelegten Zeitraums vereinbaren. Durch diesen Streik wurden die Arbeitgeber schließlich zum Einlenken gezwungen und nahmen die Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft auf.
Zwischen August und Oktober 2011 legten die von der Bankgewerkschaft AEBU (Asociación de Bancarios del Uruguay) vertretenen Beschäftigten des öffentlichen Bankensektors und die Beschäftigten der Privatbanken Uruguays mehrfach die Arbeit nieder, um ihren Forderungen nach Aufnahme von Tarifverhandlungen Nachdruck zu verleihen, mit denen sie seit Dezember 2010 bei den Arbeitgebern auf taube Ohren gestoßen waren. Zentrales Anliegen war hierbei die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen und privaten Bankensektor. Durch diese Arbeitsniederlegungen sahen sich die Banken schließlich dazu gezwungen, dem Druck der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nachzugeben und sich an den Verhandlungstisch zu setzen, um über den gewerkschaftlichen Forderungskatalog zu verhandeln.
Im Oktober 2011 beschlossen die Beschäftigten der Klinikgruppe „Hospital Evangélico Uruguay“, deren Gewerkschaft eine Mitgliedsorganisation des uruguayischen Gewerkschaftsverbandes FUS (Federación Uruguaya de la Salud) ist, die Einrichtungen der Klinikgruppe 24 Stunden lang zu besetzen, um das Unternehmen auf diese Weise zur Aushandlung eines neuen Tarifvertrages zu bewegen. Die Forderung nach Aufnahme von Tarifverhandlungen war im Vorfeld auf beharrlichen Widerstand seitens der Klinikleitung gestoßen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kehrten schließlich in Erwartung einer endgültigen Lösung hinsichtlich der Forderung nach menschenwürdigen Arbeitsbedingungen an ihre Arbeitsplätze zurück.