Chile

Die Mitgliedsorganisation des IGB in Chile ist die Central Unitaria de Trabajadores de Chile (CUT).
Chile ratifizierte 1999 das Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (1948) und das Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen (1949).
Rechtslage
Vereinigungsfreiheit / Vereinigungsrecht
Vereinigungsfreiheit
Die Vereinigungsfreiheit wird gesetzlich anerkannt, unterliegt aber strengen Bestimmungen. Die Vereinigungsfreiheit wird gesetzlich anerkannt, unterliegt aber strengen Bestimmungen.
Die Vereinigungsfreiheit ist in der Verfassung verankert.
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung
Das Gesetz untersagt gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung, enthält aber keinen angemessenen Schutz.
Gesetzliche Hindernisse für die Gründung von Organisationen
- Exzessive Mindestmitgliederzahl für die Gründung einer Gewerkschaft erforderlich
- Mit dem Gesetz Nr. 20940 wurde eine neue Anforderung für die Gründung von Gewerkschaften in Betrieben mit 50 oder weniger Beschäftigten eingeführt, wobei zu der derzeitigen Anforderung von mindestens acht Beschäftigten die zusätzliche Anforderung hinzukam, mindestens 50 Prozent der Gesamtzahl der Beschäftigten zu vertreten (Abschnitt 227 des Arbeitsgesetzes)
Beschränkungen des Rechtes der Gewerkschaften auf die Organisation ihrer Verwaltung
- Beschränkungen des Rechtes auf die Wahl ihrer Vertreter/innen und auf ungehinderte Selbstverwaltung
- Laut Verfassung ist die Erfüllung eines Gewerkschaftsamtes unvereinbar mit einer aktiven Mitgliedschaft bei einer politischen Partei und es sind diesbezügliche gesetzliche Strafen vorzusehen. (Verfassung, Artikel 23)
- Sonstige gesetzlich zulässige externe Eingriffe
- Das Gesetz Nr. 19296 räumt der für Arbeitsfragen zuständigen Behörde umfassende Befugnisse im Zusammenhang mit der Kontrolle der Bücher sowie der Finanz- und Vermögenstransaktionen von Vereinigungen ein.
Tarifverhandlungsrecht
Tarifverhandlungsrecht
Das Tarifverhandlungsrecht wird gesetzlich anerkannt, jedoch nicht angemessen begünstigt und gefördert.
Das Tarifverhandlungsrecht ist in der Verfassung verankert.
Gesetzliche Hindernisse für die Anerkennung von Tarifparteien
- Übermäßige Bestimmungen bezüglich der Repräsentativität oder Mindestmitgliederzahl von Gewerkschaften mit Blick auf Tarifverhandlungen
- Damit zwei oder mehr Gewerkschaften in unterschiedlichen Betrieben, eine unternehmensübergreifende Gewerkschaft oder ein Verband oder Dachverband Tarifvertragsentwürfe im Namen ihrer Mitgliedsorganisationen und deren Mitgliedern unterbreiten können, muss sich die absolute Mehrheit der tarifverhandlungsberechtigten Gewerkschaftsmitglieder in einer geheimen Urabstimmung in Anwesenheit eines Notars dafür aussprechen. (Arbeitsgesetz, Artikel 334 b)
Beschränkungen des Grundsatzes ungehinderter und freiwilliger Verhandlungen
- Ausschluss bestimmter Themen von Tarifverhandlungen (z.B. Löhne, Arbeitszeit)
- Die Löhne von 'Auszubildenden' können laut Arbeitsgesetz nicht tarifvertraglich geregelt werden. (Arbeitsgesetz, Artikel 82)
- Verbot oder Einschränkung von Tarifverhandlungen auf bestimmter Ebene (örtlich, regional, national; Betrieb, Industrie, Branche oder allgemein)
- Laut Arbeitsgesetz ist das Recht auf Tarifverhandlungen nur auf betrieblicher Ebene gewährleistet. Auf betriebsübergreifender Ebene sieht das Gesetz 'freiwillige' Tarifverhandlungen vor. Artikel 334 bis besagt, dass Tarifverhandlungen mit der betriebsübergreifenden Gewerkschaft auf Arbeitgeberseite freiwillig sind. Falls der Arbeitgeber Verhandlungen verweigert, haben die Beschäftigten, die dieser Gewerkschaft nicht angehören, die Möglichkeit, Tarifvertragsentwürfe vorzulegen.
Bestimmungen, die Tarifverhandlungen und deren Wirksamkeit untergraben
- Sonstige gesetzliche Bestimmungen, die Tarifverhandlungen untergraben
- Das Arbeitsgesetz ermöglicht Gruppen von Beschäftigten, die keiner Gewerkschaft angehören und ungeachtet der Präsenz von Gewerkschaften die Unterbreitung von Tarifvertragsentwürfen. (Arbeitsgesetz, Artikel 314 bis, 315)
Einschränkungen oder Verbot von Tarifverhandlungen in bestimmten Sektoren
- Sonstige Beamte und öffentlich Bedienstete
- Laut Arbeitsgesetz sind Tarifverhandlungen in Staatsbetrieben, die für das Verteidigungsministerium arbeiten, im Falle eines gesetzlichen Verbots und in öffentlichen oder privaten Unternehmen oder Einrichtungen unzulässig, deren Haushalt in den letzten zwei Jahren zu 50 Prozent oder mehr vom Staat finanziert wurde. Das Recht auf Tarifverhandlungen wird zudem Bediensteten des Parlaments und der Justiz, den Beschäftigten staatlicher Unternehmen oder Einrichtungen und dort verweigert, wo der Staat einen Beitrag leistet, beteiligt oder vertreten ist, immer wenn die Beamten oder Beschäftigten eine rechtliche Sonderstellung besitzen. (Arbeitsgesetz, Artikel 1, 304)
- Sonstige Gruppen
- Laut Arbeitsgesetz können Beschäftigte mit Ausbildungsverträgen und diejenigen, die für ganz spezifische Aufgaben eingestellt werden, wie etwa Zeitarbeitskräfte, diejenigen in der Landwirtschaft, im Baugewerbe, in den Häfen oder im Kunst- und Unterhaltungssektor, nur dann Tarifverhandlungen führen, wenn sich der Arbeitgeber dazu bereit erklärt. (Arbeitsgesetz, Artikel 305.1)
Streikrecht
Streikrecht
Das Streikrecht wird gesetzlich anerkannt, unterliegt aber strengen Bestimmungen.
Gesetzliche Hindernisse für rechtmäßige Streiks
- Übertriebene Vorschriften hinsichtlich des erforderlichen Quorums oder der bei einer Streikurabstimmung erforderlichen Mehreheit
- Laut Arbeitsgesetz müssen Streiks von der absoluten Mehrheit der Beschäftigten des betroffenen Betriebes beschlossen werden. (Arbeitsgesetz, Artikel 372, 373)
- Sonstige übertriebene, unsinnige oder ungerechtfertigte Auflagen
- Ein Streik muss laut Arbeitsgesetz innerhalb von funf Tagen nach dem Streikbeschluss stattfinden, andernfalls wird davon ausgegangen, dass die betroffenen Beschäftigten auf den Streik verzichten und das letzte Angebot des Arbeitgebers akzeptieren. (Arbeitsgesetz, Artikel 374)
Verbot oder Einschränkungen bestimmter Arten von Streiks
- Beschränkungen hinsichtlich des Streikziels (z.B. Arbeitskonflikte, wirtschaftliche und soziale Fragen, politische, Sympathie- und Solidaritätsstreiks)
- Das Arbeitsgesetz scheint das Streikrecht auf den Kontext von Tarifverhandlungen zu begrenzen und die Möglichkeit von Proteststreiks auszuschließen. (Arbeitsgesetz, Artikel 396-370)
Übermäßige Eingriffe der Behörden oder der Arbeitgeber während eines Streiks
- Rückbeorderung von Streikenden an ihren Arbeitsplatz (außerhalb wesentlicher Dienste)
- Abschnitt 363 des Arbeitsgesetzes sieht vor, dass im Falle eines Streiks oder einer vorübergehenden Schließung des Unternehmens, die aufgrund ihrer Art, ihres Zeitpunkts oder ihrer Dauer eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit, die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern oder Dienstleistungen, die Volkswirtschaft oder die nationale Sicherheit darstellt, das zuständige Arbeitsgericht auf Antrag einer der Parteien die Wiederaufnahme der Arbeit anordnen kann. Es sind keine Entschädigungsgarantien für eventuell betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.
Bestimmungen, die die Streikmöglichkeiten oder die Wirksamkeit eines Streiks untergraben
- Übermäßige zivil- oder strafrechtliche Sanktionen für Beschäftigte oder Gewrkschaften, die sich an nicht genehmigten Streiks beteiligen
- Das Gesetz über die interne Sicherheit des Staates besagt, dass jede ungesetzliche Unterbrechung öffentlicher Dienste oder Produktions-, Transport- bzw. Handelsaktivitäten, die der öffentlichen Ordnung schadet oder durch die lebenswichtige Industrien beeinträchtigt werden, mit einer Haftstrafe oder mit einer Verbannung in eine andere Region geahndet wird. (Gesetz Nr. 12927 über die interne Sicherheit des Staates, Artikel 11)
Einschränkungen oder Verbot von Streiks in bestimmten Sektoren
- Willkürliche Festlegung oder übermäßig lange Liste „wesentlicher Dienste“, in denen Streiks untersagt oder stark eingeschränkt sind
- Das Arbeitsgesetz untersagt Streiks von Beschäftigten, die 'öffentliche Versorgungsleistungen' erbringen und/oder in Diensten beschäftigte sind, deren Unterbrechung aufgrund ihrer Beschaffenheit eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit, die Versorgung der Bevölkerung, die Volkswirtschaft oder die nationale Sicherheit darstellen könnte. Die Ministerien für Arbeit und soziale Sicherheit, Landesverteidigung sowie Wirtschaft, Entwicklung und Wiederaufbau entscheiden gemeinsam, welche Einrichtungen in die jeweiligen Kategorien fallen.
- Sonstige Einschränkungen (z.B. in FEZ)
- Das Streikrecht der Beschäftigten in der Landwirtschaft ist im Arbeitsgesetz nicht garantiert. (Arbeitsgesetz, Artikel 314 bis A, B, C)
Praxis
Gewerkschaftsführer der Nationalen Gewerkschaft der Beschäftigten von Integra (SINATI) berichteten, dass die Integra-Stiftung den Vorschlag für Tarife und Arbeitsbedingungen 2019-2020 ignoriert habe, indem sie keine Verhandlungsmöglichkeiten eröffnete, auf die sie jedoch Anspruch hätten. Die letzte von der Gewerkschaft durchgeführte Aktion wurde von einer Spezialeinheit brutal niedergeschlagen. In allen Büros des Landes wurden an diesem Tag jedoch in Erwartung einer positiven Reaktion der Stiftung weitere Protestaktionen durchgeführt.
Nach einem 15-tägigen Streik bei Radio Bio Bio wurden fünf Beschäftigte der 14 Mitglieder der Gewerkschaft des Radiosenders entlassen. Der Gewerkschaftsvorsitzende berichtete, dass diese und andere gewerkschaftsfeindliche Aktionen Gegenstand einer bei der zuständigen Behörde eingereichten Arbeitsklage seien, da eine Verletzung des Streikrechts durch repressives und sich wiederholendes Verhalten wie die Ersetzung demonstrierender Beschäftigter und die Prekarisierung der Arbeit nicht zugelassen werden dürfe.
Fünf Tage vor der Veranstaltung des Kulturfestivals zur Unterstützung des Gesetzes über die Verkürzung der Arbeitstage verweigerte die Regierung der Hauptstadtregion Santiago de Chile die Genehmigung zur Durchführung der Veranstaltung. Die Central Unitaria de Trabajadores de Chile (CUT) prangerte an, dass alle Genehmigungsverfahren in Übereinstimmung mit dem Gesetz durchgeführt worden waren und dass die einseitige Entscheidung der Verwaltung den mangelnden Verhandlungswillen in dieser Frage zeigte.
Tausende Menschen gingen am 5. September 2019 auf die Straße, um dem Aufruf eines Bündnisses von 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen zu folgen, zu denen neben Gewerkschaften auch Umwelt-, Frauen- und Indigenenrechtsorganisationen gehören. Sie prangerten die von der Regierung Piñera vorgeschlagene gewerkschaftsfeindliche und sozial regressive Neuausrichtung der Politik an, die zum Abbau des bestehenden Arbeitsschutzes führen und den Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Sozialschutz einschränken würde.
Zahlreiche Berichte deuten darauf hin, dass die Aggression der Polizei von Beginn der Demonstration an einsetzte und zu mehreren Verletzungen und Verhaftungen führte. Unter den Verhafteten befanden sich der Generalsekretär der CUT Chile, Nolberto Diaz, und die Vizepräsidentin Tamara Muñoz, Mitglied des IGB-Vorstands. Die Polizei versuchte ferner, in die Büros der CUT Chile einzubrechen. Die verhafteten Gewerkschaftsführer wurden viele Stunden später ohne Anklage freigelassen.
Im weiteren Verlauf des Jahres kündigte die chilenische Regierung an, dass sie zwei große internationale Gipfeltreffen nicht ausrichten werde, da sie sich zunehmendem Druck durch Massenproteste gegen den Sparkurs ausgesetzt sehe. Die Regierung gab schließlich den Forderungen nach, den APEC-Handelsgipfel im November und die UN-Klimakonferenz COP25 im Dezember abzusagen, da die internationale Gemeinschaft schockiert auf die brutale Unterdrückung der Demonstranten reagierte.
Chile weist den höchsten Grad an Ungleichheit unter allen OECD-Ländern auf. Die derzeitige öffentliche Mobilisierung ist die größte des Landes, aber keineswegs die erste seit dem Ende der Pinochet-Diktatur. 2006, 2011 und 2013 gab es ebenfalls Massenproteste. Als Aushängeschild des IWF und der Weltbank hat Chile alle Wasserressourcen des Landes in private Hände gelegt, während die Privatisierung von Bildung, Gesundheit und anderen lebenswichtigen Dienstleistungen Millionen von Menschen weiter verarmen lassen.
Die Gewerkschaften in Chile haben zehn Forderungen an die Regierung formuliert, darunter Forderungen nach existenzsichernden Mindestlöhnen und Renten, nach einem wirksamen Schutz der Grundrechte der Menschen am Arbeitsplatz und nach einer Verkürzung der Arbeitswoche auf maximal 40 Stunden. Die Gewerkschaften schlagen Lösungen vor, mit denen die Ungleichheit nachweislich angegangen werden kann, und fordern die Regierung auf, die Tarifverhandlungen zu stärken, den sozialen Dialog aufzubauen und das Streikrecht zu garantieren.
Die Gewerkschaftsführerin Estefani Carrasco Rivera ist seit Januar 2017 Vorsitzende der Regionalgewerkschaft der Emelnor I und XV und Redakteurin bei der Tageszeitung „La Estrella de Arica“. In der Nacht vom 23. Oktober (auf dem Höhepunkt der sozialen Unruhen) befand sie sich während der Ausgangssperre mit zwei Journalistenkollegen (einer Frau und einem Mann) auf dem Heimweg, nachdem sie über die Aktionstage und die Proteste in Arica berichtet hatten.
Gegen 23 Uhr hielten zwei Carabineros sie an und verlangten die Passierscheine – die sie jedoch nicht hatten, weil sie glaubten, dass ihre Presseausweise ausreichten. Sie versuchten, die Polizeibeamten zur Vernunft zu bringen, indem sie angaben, dass sie nur Journalisten seien, dass sie von der Arbeit kämen, dass sie ihre Ausweise zeigen wollten, die sie als Journalisten akkreditierten. Die uniformierten Carabineros waren jedoch in Begleitung von zwei weiteren Carabineros in Zivil, die sie ungeziemend behandelten. Diese begannen, sie zu verhören, und drohten ihnen schließlich, „wenn Sie nicht in den Streifenwagen einsteigen, besorgen wir einen Gefangenentransporter, und das wäre noch schlimmer“.
Als sie auf der Polizeiwache ankamen, mussten sie ihre Habseligkeiten abgeben. Dann wurden die beiden Frauen von einer Polizeibeamtin mit einem weißen „Latex“-Handschuh mitgenommen und nacheinander angewiesen, auf die Toilette der Polizeiwache zu gehen, wo sie sich ausziehen und hinhocken sollten, mit der offensichtlichen Absicht, sie zu demütigen und einzuschüchtern, während die Beamtin ihre Habseligkeiten überprüfte. Ihr Journalistenkollege, der sie begleitet hatte, wurde ebenfalls gezwungen, mit einem Polizisten auf die Toilette zu gehen, und sich auszuziehen.
Schließlich, und nur aufgrund des Drucks und der Bemühungen des Journalistenkollegiums in Arica, wurden die Gewerkschaftsführerin und ihre Kollegen in den frühen Morgenstunden des 24. Oktober freigelassen. Die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung wegen Folter gegen die in den Fall verwickelten Polizeibeamten eingeleitet.
Die Nationale Gewerkschaft der Beschäftigten im Bau und in der Industriemontage (SINTEC) warf der Firma Strabag vor, die Arbeiten einzustellen und die Verpflegungs-, Unterbringungs- und Transportdienste für die fernab vom Wohnort arbeitenden Beschäftigten zu streichen, was sich nicht nur auf ihre Arbeitsbedingungen, sondern auch auf ihre Familien nachteilig auswirkte, da sie an ihren freien Tagen nicht nach Hause fahren können. Diese Situation war das Ergebnis des Prozesses der Kollektivverhandlungen ohne Konsens, der, begleitet von einem 12-tägigen Streik, vom 30. Juli an von der Gewerkschaft bei der österreichischen Kapitalgesellschaft vorangetrieben wurde.
Im September wurden mehr als 400 Mitglieder der in mehreren Standorten von Walmart vertretenen Gewerkschaft SIL entlassen. Ihr Vorsitzender prangerte diese sowohl massiven als auch selektiven Entlassungen als repressives Mittel an, mit dem Proteste jeglicher Art, beispielsweise Streiks verhindert werden sollten. Zum Zeitpunkt der Entlassungen war der gesetzliche 60-tägige Kündigungsschutz, der sich aus vorherigen Tarifverhandlungen ergab, gerade abgelaufen.
Während des Aktionstages am Donnerstag, dem 5. September 2019, versuchten die Carabineros nach der brutalen Unterdrückung der Demonstranten und den zahlreichen Verhaftungen von führenden Vertretern in das Hauptbüro der Central Unitaria de Trabajadores (CUT) einzudringen, indem sie Pfeffer direkt in die Gesichter der führenden Vertreter von Gewerkschaften und Sozialverbänden sprühten, die versuchten, das Hauptbüro zu schützen und die widerrechtliche Besetzung durch die Polizeikräfte zu verhindern.
Am Donnerstag, dem 5. September 2019, riefen rund 60 Gewerkschafts- und Sozialverbände, darunter die Central Unitaria de Trabajadores de Chile (CUT), zu einem Protest für ein menschenwürdiges Leben unter dem Motto „Wir sind müde, aber vereint“ auf.
Die Regierung verbot die Demonstration und ließ die Plaza Italia - jetzt in „Plaza de la Dignidad“ (Platz der Menschenwürde) umbenannt - in der Stadt Santiago sperren, wo die Kundgebung stattfinden sollte. Es ist erwähnenswert, dass die Orts- und Regionalverbände der CUT ihre eigenen Demonstrationen im ganzen Land und in verschiedenen Bezirken der Hauptstadt veranstalteten.
Das Vorgehen der Carabineros de Chile war von Anfang an von Gewalt geprägt. Sie erlaubten es den Demonstranten nicht, sich zu versammeln, und jede Absicht, sich zu treffen, wurde vereitelt. Das verletzt das Demonstrationsrecht, das Recht, sich ohne vorherige Genehmigung zu versammeln, das Recht auf Freizügigkeit und das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Die polizeiliche Repression und Gewalt ging so weit, dass allein in der Hauptstadtregion 92 Verhaftungen stattfanden (62 Männer, 15 Frauen und 15 Minderjährige). Für die Organisatoren des Protesttages war die polizeiliche Repression übertrieben und unnötig. Während der Zusammenstöße wurden mehrere Gewerkschaftsführer verhaftet, darunter der Generalsekretär der CUT, Nolberto Díaz, die Stellvertretende Vorsitzende CUT, Támara Muñoz, die für internationale Fragen zuständig ist, und der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes der Kupferarbeiter (CTC), Manuel Ahumada.
Dutzende von Menschen wurden durch die Schläge der Uniformierten, die Wasserwerfer sowie Tränengas und Pfeffer verletzt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Fall des nationalen Beraters der CUT, Marcos Canales, der einen Kniebruch erlitt, der ihn für mehr als einen Monat teilweise bewegungsunfähig machte, als eine zahlenmäßig weit überlegene Spezialeinheit ihn festnehmen wollte.
Gewerkschaftsführer der Central Unitaria de Trabajadores (CUT) begleiteten den Demonstrationszug vom 30. Mai, um die rechtswidrige Ersetzung streikender Beschäftigter in Unternehmen wie dem schweizerischen transnationalen Swissport Chile S.A., bei Sotraser, aus dem Transportsektor, und bei Multitiendas Corona anzuprangern, wo mehrere Beschäftigte trotz Teilnahme an einem legalen Streik ersetzt wurden. Verschärft wurde diese Situation durch die Krise auf dem Arbeitsmarkt, die dazu führte, dass die Stellen der Streikenden sehr begehrt waren und von den Unternehmen leicht neu besetzt werden konnten.
Am Donnerstag, dem 18. April 2019, wurde der Vorsitzende der Gewerkschaft SINAMOC, Manuel Montenegro, während einer Pause in der Sitzung mit dem Unternehmen ACCIONA bei der regionalen Arbeitsaufsicht von Talca von fünf mit Holzknüppeln bewaffneten Personen brutal angegriffen. Er war dorthin gekommen, um fünf Gewerkschaftsmitglieder zu vertreten, die mitten in den Tarifverhandlungen entlassen worden waren. Während dieser Sitzungspause waren Montenegro und die von ihm Vertretenen in ein benachbartes Internet-Café gegangen, um Mitteilungen und Nachrichten an die Gewerkschaft zu senden.
Die fünf Angreifer stürmten das Café, griffen Manuel Montenegro von hinten an, stießen Morddrohungen gegen ihn und seine Familie hervor und flohen dann in einem Jeep und auf einem Motorrad.
Montenegro wurde in die Notaufnahme des Regionalkrankenhauses von Talca gebracht, wo mehrere Knochenbrüche und schwere Verletzungen am Kopf und am linken Arm festgestellt wurden. Er musste stationär behandelt werden.
Einer der Angreifer wurde als Mauricio Jiménez identifiziert. Er ist Vorsitzender der arbeitgeberfreundlichen Gewerkschaft SINCOC und kannte alle Einzelheiten des Treffens und den Aufenthaltsort von Manuel Montenegro genau.
Beschäftigte von Subunternehmern berichteten, dass mehrere Unternehmen, die kürzlich Ausschreibungen von der Nationalen Bergbaugesellschaft (ENAMI) und Paipote gewonnen hatten, unverzüglich repressive Maßnahmen gegen die Gewerkschaften ergriffen und unter anderem mehrere ihrer Führer entließen. Mit jeder neuen Regierung nahmen die Entlassungen zu. Zu den betroffenen Gewerkschaften gehören diejenigen, die Beschäftigte im Bereich der industriellen Dienstleistungen wie Reinigung, Grünflächenpflege, Mechaniker und Schweißer organisieren.
Am 2. Januar 2019 entließ der britisch-niederländische Konzern Unilever 180 Beschäftigte, d. h. über die Hälfte der Gesamtbelegschaft, aus dem Vertriebszentrum von Lampa in der Provinz Chacabuco. Die Entlassung erfolgte nicht nur ohne jede Vorankündigung; sie fiel darüber hinaus mitten in die Sommerferien und eine Zeit, in der bereits bis Ende März 2019 Sonderschichten geplant und genehmigt waren.
Unilever gab als Begründung der Massenentlassung die Auslagerung des Vertriebs an. Das Unternehmen hatte diesen zuvor 60 Jahre lang selbst betrieben.
Von den Entlassungen sind 48% der Mitglieder der Unilever-Betriebsgewerkschaft Nr. 1 betroffen. Diese Gewerkschaft ist die älteste dieser Branche in Chile und ist Mitglied der CUT Chile. Nach zwei Werksschließungen im Jahr 2005 hatten das Unternehmen und die CUT bei der Nationalen Kontaktstelle der OECD in Chile gemeinsam eine Vereinbarung unterzeichnet. Ein Kapitel dieser Vereinbarung behandelt die Auslagerung oder Unterauftragsvergabe des Vertriebs. Darin garantiert das Unternehmen, “dass die Gewerkschaft Nr. 1 über jede ggf. anstehende Veränderung in diesem Bereich mindestens sechs Monate im Voraus unterrichtet wird”.
TUCA und IGB verurteilten die Verletzung der Vereinbarung seitens Unilever ebenso wie das höchst gewerkschaftsfeindliche Vorgehen beim Versuch, mit den Beschäftigten hinter dem Rücken der Gewerkschaft eine Einigung über die Auflösung ihrer Arbeitsverträge zu treffen.
Dieser Fall belegt erneut, dass Großunternehmen, die globale Lieferketten beherrschen, mit dem Verweis auf die Anpassung an die flexible Produktion und den Wettbewerb ganze Netzwerke von Subunternehmern fördern. Diese Netzwerke wiederum tragen tendenziell zu mehr Arbeitslosigkeit, Prekarität und informeller Arbeit bei und gefährden damit die historisch errungenen Anrechte auf Arbeitnehmerschutz und vor allem auf Kollektivverhandlungen.
Über 400 Leiharbeiter der Hafengesellschaft Valparaíso beteiligten sich an einem 35-tägigen Streik und forderten eine Sonderzulage für ihre niedrigen Löhne und prekären Arbeitsbedingungen sowie eine allgemeine Lohnerhöhung und eine Mindestbeschäftigungsgarantie. Das Unternehmen lehnte zunächst alle Forderungen rundweg ab und bot den Arbeitnehmern Darlehen an. Die Gewerkschaft der Hafenarbeiter lehnte den Vorschlag der Unternehmensleitung jedoch ab und verkündete die Fortsetzung des Streiks. Die Polizei ging gewaltsam gegen die Streikenden vor und drang in das Gewerkschaftslokal ein. Sofort schlossen sich Hafenarbeiter aus neun weiteren Städten dem Streik an. Am 21. Dezember 2018 verständigten sich das Unternehmen und die Gewerkschaft auf die Sonderzulage und bessere Arbeitsbedingungen.
Am 12. Dezember 2018 schritt die Polizei gewaltsam gegen einen Gewerkschaftsprotest im Kupferbergwerk Chuquicamata ein und verhaftete 15 Gewerkschafter. Die Arbeiter forderten bessere Gesundheitsleistungen und die Fortsetzung eines Anhörungsverfahrens zur Umsetzung eines neuen Gesetzes, das das Unternehmen zur Umstellung vom Tagebau zum Untertagebau verpflichtet. Im Rahmen der Umstellung hatte das Unternehmen damit begonnen, über Frühverrentungsmaßnahmen einen Teil der Belegschaft abzubauen, um Kosten zu sparen und Gewinne zu erhalten. Dieses Modell des Personalabbaus wurde auch bei anderen Bergbauunternehmen angewandt, wie z.B. bei Lundin, wo im November 2018 mit der Begründung der Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität 106 Arbeiter des Bergwerks La Candelaria abgebaut wurden.
Am 22. August 2018 wurde in das Auto von Miguel Veliz, Vorsitzender der Gewerkschaft Nr. 3 des staatlichen Unternehmens Codelco im Kupfertagebaugebiet von Chuquicamata, vor seiner Wohnung ein Stein geworfen. Am Stein angeheftet war ein Zettel mit gewerkschaftsfeindlichen Parolen und Drohungen gegen Veliz wegen seiner Beteiligung an Verhandlungen mit den Bergbauunternehmen. Am Tag zuvor hatte Ana Catalán, die Gewerkschaftsvorsitzende von Sindicato de Profesionales y Analistas de la División Gabriela Mistral, Morddrohungen erhalten, falls sie den Vorschlägen des Unternehmens nicht zustimmen sollte. Trotz der Drohungen setzten die Gewerkschaftsführer ihre Arbeit fort, bis eine Einigung über bessere Arbeitsbedingungen der Beschäftigten erzielt wurde.
Im Juli und August 2018 wurden 33 Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und großen Bergbauunternehmen in Chile geführt, nachdem 2017 ein Streik, der 44 Tage dauerte, die Produktion im größten Kupferbergbaugebiet der Welt größtenteils lahmgelegt hatte.
Im ersten Halbjahr 2018 gab die Arbeitsaufsichtsbehörde bekannt, dass Unternehmen wegen gewerkschaftsfeindlicher Praktiken wie gewerkschaftsfeindlichen Entlassungen, falscher Handhabung von Gewerkschaftsbeiträgen, Diskriminierung von Gewerkschaftsführern und Verletzung von Gewerkschaftsrechten in 14 Gerichtsentscheiden verurteilt worden seien. Folgende Unternehmen wurden genannt: Supermercado Santa Victoria Ltda., Prosalud Coquimbo S.A., Gestión Vial S.A., Minera Escondida, Servicio de Transferencia TBA S.A., Consorcio Andino HAUG ASB S.A., Empresa Técnica y Comercial Ltda., Banco de Crédito e Inversiones S.A., Servicio Agrícola y Ganadero, Ripley Store Ltda., Corporación de Centros Bíblicos, Abarrotes Económicos S.A., Aserradero Asaltos del Laja Ltda. und ADF Chile S.A.
Am 19. März 2018 entließ die Fluggesellschaft LATAM 70 Beschäftigte während laufender Tarifverhandlungen zwischen der nationalen Flugbegleitergewerkschaft (Sindicato Nacional de Tripulantes de Cabina - STCLA) und LATAM. Dies war ein schwerer Schlag für den Tarifprozess und mündete in einen Streik ab dem 10. April 2018. 16 Tage lang weigerte sich das Unternehmen, auf die Forderungen der Arbeiternehmer einzugehen und drohte mit Massenentlassungen, die es von der Arbeitsaufsicht genehmigen lassen wollte. Am 26. April erklärte die Gewerkschaft einseitig das Ende des Streiks. Die Beschäftigten beschlossen, sich auf Artikel 346 des Arbeitsgesetzes zu berufen und den letzten vor vier Jahren unterzeichneten Tarifvertrag fortzuschreiben und damit das letzte formelle Angebot des Unternehmens ohne Nachbesserungen weiterhin zu akzeptieren. Das Unternehmen weigerte sich jedoch, diese Entscheidung anzunehmen und beantragte die Genehmigung von Sanktionen bei der Arbeitsaufsicht.
Am 1. August 2017 beschlossen die Ministerien für Wirtschaft, Arbeit und Verteidigung im Rahmen der Arbeitsreform, 102 Unternehmen den Status strategischer Unternehmen zuzuweisen, was bedeutet, daß ihre Beschäftigten für die nächsten zwei Jahre kein Streikrecht haben. Vierzehn Gewerkschaften haben beim Berufungsgericht Beschwerde eingelegt und angekündigt, dass sie, wenn ihre Beschwerden nicht bearbeitet werden, den Verfassungsgerichtshof anrufen oder sich an internationale Gremien wenden werden, um ihr Streikrecht wiederzuerlangen. Die von der Regierung veröffentlichte Liste entzieht u. a. Beschäftigten von Unternehmen im Energie- und Gesundheitssektor das Streikrecht.
Am 30. Mai 2017 traten 439 Beschäftigte der H&M-Gewerkschaft in den Streik, in dessen Verlauf das Unternehmen eine Reihe gewerkschaftsfeindlicher Maßnahmen ergriff, darunter Anreize für Beschäftigte anzubieten, die weiterarbeiteten, Aufzeichnungen von streikenden Beschäftigten und Androhung von Kündigungen.
Am 24. Mai 2017 demonstrierten die Mitglieder der nationalen Gewerkschaft der Zollbediensteten (ANFACH) und wurden einer übermäßigen Gewalt öffentlicher Einsatzkräfte ausgesetzt. Am 19. Juni 2017 reichten ANFACH, die Gewerkschaft der Beschäftigten der Steuerverwaltung (ANEF) und der nationale Gewerkschaftsdachverband (CUT) beim Internationalen Arbeitsamt gegen den Staat Chile eine Klage wegen gewerkschaftsfeindlicher Praktiken ein.
Am 27. Februar 2017 entließ das Unternehmen El Mercurio unmittelbar vor Beginn von Tarifverhandlungen 104 Mitglieder der Central-Gewerkschaft und der Betriebsgewerkschaft N°3 (51% der Mitglieder). Die Betroffenen wurden vom Sicherheitspersonal im Werksbus identifiziert, der sie zum Unternehmen beförderte, und es wurde ihnen mitgeteilt, daß sie keinen Zutritt zum Betriebsgelände hätten, weil sie entlassen worden seien. 75 Beschäftigte machten vor Gericht ihre Ansprüche geltend, und im September 2017 reichten Gewerkschaftsführer eine formelle Beschwerde gegen das Unternehmen wegen gewerkschaftsfeindlicher Praktiken bei der Internationalen Arbeitsorganisation ein.
Vom 11. Januar 2017 bis zum 20. Februar 2017 entließ Sodimac 345 Mitarbeiter, die im November 2016 an einem Streik teilgenommen hatten. Die Arbeitnehmer verklagten das Unternehmen wegen gewerkschaftsfeindlicher Entlassungen, weil Sodimac nach ihrer Entlassung andere Beschäftigte für die Neubesetzung ihrer Arbeitsplätze einstellte, obwohl angeblich betriebsbedingte Entlassungen vorgenommen hatten. Am 20. Juli 2017 entschied das Erste Kammer des Arbeitsgerichts von Santiago zu Gunsten der entlassenen Arbeitnehmer. Das Gericht verurteilte das Unternehmen zu einer Entschädigung von mehr als 266 Mio. USD sowie zu einer Geldbuße wegen Rückfälligkeit in gewerkschaftsfeindliche Praktiken.
Am 6. Januar 2015 meldete die Gewerkschaft Sindicato N° 1 de Ediciones Financieras S.A. (Diario Financiero), dass das Unternehmen mit der Begründung finanzieller Schwierigkeiten zehn Beschäftigte des Finanzblattes Diario Financiero entlassen habe. 80 % der Entlassenen waren Mitglieder der Gewerkschaft. Laut der Gewerkschaft liegt es auf der Hand, dass es hier nicht nur um wirtschaftliche Anpassungen ging, sondern die Maßnahme weist eine ausgeprägte antigewerkschaftliche Komponente auf, zumal die Gewerkschaft für das Jahr 2015 Kollektivverhandlungen mit dem Unternehmen aufgenommen hatte.
Am 24. Juli 2015 wurde der Arbeiter Nelson Quichillao López am Stadtrand von El Salvador von Sondereinsatzkräften erschossen. Ein anderer Arbeiter, Rodrigo Vásquez Salazar, wurde schwer verletzt.
Angaben der Gewerkschaft Confederación de Trabajadores del Cobre (CTC) zufolge wurden die Sondereinsatzkräfte entsandt, um den friedlichen Protest der streikenden Bergarbeiter zu beenden.
Zu dem landesweiten Streik war aufgerufen worden, nachdem sich Coldeco geweigert hatte, über eine Rahmenvereinbarung zu verhandeln, um die Arbeitsbedingungen der Zeitarbeitskräfte und der Beschäftigten von Unterauftragnehmern, die der CTC angehören, zu verbessern.
Im Oktober, als Starbucks Rekordgewinne verkündete, lehnte das Unternehmen sämtliche Forderungen der Gewerkschaft seiner Beschäftigten ab, darunter auch einen Tarifvertragsentwurf.
Mit der Behauptung, dass seine Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt würde, erklärte das Unternehmen, dass es grundlegende Leistungen für die Arbeitnehmer/innen, d.h. Zulagen für Fahrtkosten und Zwischenmahlzeiten sowie die den Beschäftigten zustehenden bezahlten Krankheitstage, nicht bezahlen könne.
Die meisten der Beschäftigten sind jung und unter 25 Jahre alt und werden in der Geschäftsordnung des Unternehmens ironischerweise als „Partner“ bezeichnet.
Starbucks vertritt die Ansicht, dass „Gewerkschaften unnötig“ und gewerkschaftliche Organisation ein Synonym für „Verrat und Misstrauen gegenüber der Geschäftsleitung“ sind.
Das Unternehmen setzt sämtliche Hebel in Bewegung, um den Tarifprozess zunichtezumachen und hält die Arbeitnehmer/innen durch Einschüchterungsmaßnahmen und unmittelbare Vergeltungsmaßnahmen davon ab, der Gewerkschaft beizutreten.
Bereits viermal wurde das Unternehmen im Jahr 2012 wegen Verletzung von Gewerkschaftsrechten verurteilt und der Oberste Gerichtshof Chiles bestätigte kürzlich das Urteil eines Berufungsgerichts, das ein Bußgeld von 50.000 USD gegen Starbucks verhängt sowie die Aushandlung eines Tarifvertrags mit der Gewerkschaft angeordnet hatte.
Als Walmart im Juli 2013 mit einem offiziellen Tarifvertrag konfrontiert wurde und um den Forderungen der Beschäftigten nicht nachgeben zu müssen, drohte das Unternehmen mit Entlassungen. Das einzige Zugeständnis, zu dem es sich bereit erklärte, war eine Erhöhung der Löhne um 159 Chilenische Pesos (31,8 US-Cent).
Im März 2013 wurde Enrique Solar Lagos, ein führender Vertreter der Hafenarbeitergewerkschaft von Mejillones (Sindicato de Muellaje SVTI), mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert, nachdem er während einer Streikpostenaktion zur Untermauerung der Forderung nach Mittags- und Toilettenpausen für die Beschäftigten von der Polizei verprügelt worden war.
Im März 2013 verschaffte sich der Kurierdienst Servicios Integrales de Cobranzas y Correspondencia nach der Gründung einer Gewerkschaft über die Arbeitsaufsicht Zugang zu gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten, von denen mehrere entlassen oder mit Versetzung bedroht wurden.
Am 21. Februar wurde Juan Pablo Jiménez, ein Beschäftigter des Elektrounternehmens Azeta, erschossen, als er sich auf dem Weg zu seinem Büro bei dem Unternehmen befand. Er wurde von Kollegen gefunden, die ihn zum Rettungsdienst brachten. Als er dort ankam, wurde er jedoch für tot erklärt. Laut Polizei, die die Straftat untersuchte, wurde Juan Pablo durch einen Schuss aus einem Wohngebiet in der Nähe des Betriebsgeländes getötet. Juan Pablo Jiménez war Vorsitzender der Gewerkschaft Nr. 1 bei dem Betrieb und Vorsitzender der Subunternehmervereinigung Chilectra. Am 22. Februar sollte er an einer Anhörung teilnehmen, um gegen die anhaltenden gewerkschaftsfeindlichen Praktiken des Unternehmens zu protestieren.
Im Januar 2013 ging die Polizei gewaltsam gegen protestierende Beschäftigte des Callcenters Unisono vor, die berichteten, dass Tränengas innerhalb des Gebäudes eingesetzt worden sei und Beschäftigte bei der Evakuierung des Gebäudes verprügelt worden seien.
Die Beschäftigten von Delta Airlines streikten im Dezember 2012 für bessere Arbeitsbedingungen und um ein Ende der Arbeitnehmerrechtsverletzungen und des übermäßigen Drucks zu fordern. Die Fluggesellschaft stellte neue Beschäftigte ein, um die Streikenden zu ersetzen.
Im Jahr 2011 verhängte die chilenische Arbeitsgerichtsbarkeit 107 Strafen gegen Unternehmen wegen gewerkschaftsfeindlicher Praktiken. Am häufigsten wurde hierbei von den chilenischen Arbeitsgerichten die rechtswidrige Entlassung von Gewerkschaftsführern/innen geahndet, die trotz des für sie geltenden Kündigungsschutzes entlassen worden waren. Die betreffenden Unternehmen erhielten nicht nur eine Geldstrafe, sondern wurden auch auf eine öffentliche Liste der wegen gewerkschaftsfeindlicher Praktiken belangten Unternehmen gesetzt und für die Dauer von zwei Jahren aus dem Vergabesystem für öffentliche Aufträge gelöscht. Der chilenische Gewerkschaftsdachverband CUT beklagt jedoch, dass viele der gerichtlich belangten Unternehmen ihre Geldstrafe zwar bezahlen, dann aber ihre gewerkschaftsfeindlichen Praktiken unbeeindruckt fortsetzen.
Im Dezember 2011 organisierte der Gewerkschaftsverband „Federación de Sindicatos Complementos Chile“ eine achttägige Protestaktion gegen den Wäschehersteller „Lencería Antonella“. Auslöser für diese Protestaktion war die Weigerung des Unternehmens, bestimmte Aspekte der dort herrschenden Arbeitsbedingungen zum Thema von Tarifverhandlungen zu machen. Die Gewerkschaft verlangt von dem Unternehmen u.a. pünktliche Lohnzahlungen und die Erfüllung seiner arbeitsrechtlichen Verpflichtungen.
Im Februar 2011 rief die Unternehmensgewerkschaft des von „Barrick Gold“ abhängigen Vertragsunternehmens „Consorcio Punta Colorada“ die Beschäftigten dazu auf, ihre Arbeit niederzulegen, nachdem sich das Unternehmen geweigert hatte, mit der Gewerkschaft über bessere Arbeitsbedingungen und Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz zu verhandeln. Die Beschäftigten im Bergbau arbeiten allgemein unter sehr schwierigen Bedingungen. Die Gewerkschaft möchte mit dem Bergbauunternehmen „Barrick Gold“ verhandeln, da alle den Forderungskatalog betreffenden Entscheidungen letztendlich von diesem Unternehmen abhängen. Das Bergbauunternehmen weigert sich jedoch beharrlich, seine Verpflichtungen im Hinblick auf die Arbeitnehmerrechte anzuerkennen.
Die Unternehmen nutzen weiterhin prekäre Beschäftigungsformen auf unlautere Weise, um arbeitsrechtliche Zahlungen und den Beitritt der Arbeitnehmer zu Gewerkschaften zu verhindern. So wurden 2010 eine Million Arbeitnehmer in Chile im Rahmen von prekären Arbeitsverträgen beschäftigt und hatten keinen Anspruch auf den Schutz ihrer Rechte bzw. Sozialversicherung, für nur 8,3% der Beschäftigten galten Tarifverträge. Da ausgelagerte Arbeitnehmer die gleichen Aufgaben übernehmen können wie direkt beim Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer, werden immer mehr Menschen über Subunternehmen beschäftigt; ausgelagerte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verdienen jedoch 40% weniger als direkt Beschäftigte und haben weder Vereinigungsfreiheit noch Verhandlungsfreiheit oder Streikrecht.
Auch 2009 wurde das Outsourcing häufig von öffentlichen und privaten Arbeitgebern genutzt, um die Rechte von Arbeitnehmern zu verletzen, die Pflichten ihnen gegenüber zu missachten und ihre gewerkschaftliche Organisation zu verhindern. Mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer in den Metall verarbeitenden Betrieben arbeiten in unsicheren Arbeitsverhältnissen, in denen ihnen angemessener sozialer Schutz, faire Arbeitsbedingungen und das Recht auf gewerkschaftliche Vereinigung verwehrt wird.
Das Ministerium für Arbeit teilte mit, dass die Zahl der Unternehmen, denen für ihre gewerkschaftsfeindlichen Praktiken Strafen auferlegt wurden, in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 von 19 auf 32 gestiegen ist. Die am häufigsten sanktionierten Branchen waren Handel, Industrie und Sicherheit. Die Druckerei Printax S.A. und die Privatschule Helénico waren dagegen die Unternehmen, denen wegen illegaler Entlassung von Arbeitnehmern mit Gewerkschaftsimmunität die höchsten Strafen auferlegt wurden. Neben der Verhängung von Geldbußen umfasst die Bestrafung aber auch die Löschung des Unternehmens aus dem Vergabesystem öffentlicher Aufträge und den dementsprechenden Auswirkungen für das Unternehmen als Dienstleister des Staates. Eine weitere Strafe besteht in der Auferlegung einer Entschädigungszahlung an die betroffenen Arbeitnehmer.