Litauen
Die Mitgliedsorganisationen des IGB in Litauen sind die Litauische Gewerkschaftsvereinigung (LDF), die Litauische Gewerkschaft “SOLIDARUMAS” (LPSS) und der Litauische Gewerkschaftsbund (LPSK).
Litauen ratifizierte 1994 das Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (1948) und das Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen (1949).
Rechtslage
Vereinigungsfreiheit / Vereinigungsrecht
Vereinigungsfreiheit
Die Vereinigungsfreiheit ist in der Verfassung verankert.
Die Vereinigungsfreiheit ist arbeitsrechtlich geregelt.
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung ist gesetzlich verboten.
Tarifverhandlungsrecht
Tarifverhandlungsrecht
Das Tarifverhandlungsrecht wird gesetzlich anerkannt.
Streikrecht
Streikrecht
Das Streikrecht ist in der Verfassung verankert.
Das Streikrecht wird gesetzlich anerkannt.
Verbot oder Einschränkungen bestimmter Arten von Streiks
- Beschränkungen hinsichtlich des Streikziels (z.B. Arbeitskonflikte, wirtschaftliche und soziale Fragen, politische, Sympathie- und Solidaritätsstreiks)
- Trotz des Inkrafttretens von Änderungen des Arbeitsgesetzes im April 2020, die den Rückgriff auf Streiks hätten erleichtern sollen, bedauert der Litauische Gewerkschaftsbund, dass das Verfahren zur Ausrufung eines Streiks immer noch langwierig und kompliziert ist. Streiks sind nur in den folgenden Fällen erlaubt: a) wenn ein Arbeitgeber sich weigert, einen Tarifvertrag auszuhandeln oder b) wenn er sich weigert, einen Tarifvertrag zu unterzeichnen. Verstöße des Arbeitgebers gegen einen Tarifvertrag sind kein gültiger Grund für einen Streik. Solidaritätsstreiks sind nicht erlaubt.
- Beschränkungen hinsichtlich des Umfangs oder der Reichweite eines Streiks (z.B. Betrieb, Industrie und/oder Branche, regional, national)
- In Artikel 76 des Arbeitsgesetzes heißt es: 'Streik bedeutet die vorübergehende Unterbrechung der Arbeit seitens der Beschäftigten oder einer Gruppe von Beschäftigten eines Betriebes oder mehrerer Betriebe bzw. eines bestimmten Wirtschaftssektors im Falle der Nichtbeilegung eines kollektiven Konfliktes.'
Bestimmungen, die die Streikmöglichkeiten oder die Wirksamkeit eines Streiks untergraben
- Mögliche Ersetzung von Beschäftigten während eines rechtmäßigen Streiks
- Der Arbeitgeber darf laut Arbeitsgesetz im Falle eines Streiks keine Ersatzarbeitskräfte einstellen, wovon jedoch bestimmte Bereiche, wenn kein Mindestdienst vorgesehen ist, ausgenommen sind, wie etwa die Eisenbahn und der öffentliche Personenverkehr, die Zivilluftfahrt, medizinische Einrichtungen, die Wasser-, Elektrizitäts- Wärme- und Gasversorgung, die Abwasser- und die Abfallwirtschaft. (Arbeitsgesetz, Artikel 77(5), 80(2))
Einschränkungen oder Verbot von Streiks in bestimmten Sektoren
- Übertriebene Beschränkungen für „Staatsbedienstete“
- Beamte im Innenministerium sind nicht streikberechtigt, und auch Beamten, die in einer Einrichtung oder Agentur eine Abteilung leiten oder eine andere hohe Position bekleiden, wird dieses Recht nicht zugestanden. (Gesetz über den Staatsdienst, Artikel 21(8))
- Fehlen von Alternativen für Gruppen von Beschäftigten, denen das Streikrecht verweigert wird
- Streiks sind laut Arbeitsgesetz in Erste Hilfe gewährenden medizinischen Diensten verboten. Die Forderungen der betroffenen Beschäftigten werden von der Regierung in Rücksprache mit den Konfliktparteien behandelt. (Arbeitsgesetz, Abschnitt 78(1)
- Unangemessene oder willkürliche Festlegung (d.h. ohne Verhandlungen mit den Sozialpartnern bzw. Fehlen eines unabhängigen Gremiums für Streitfälle) des im Falle von Streiks im öffentlichen Dienst zu garantierenden „Mindestdienstes“
- Die an einem kollektiven Konflikt beteiligten Parteien müssen sich laut Arbeitsgesetz innerhalb von drei Tagen ab dem Tag, an dem die Gewerkschaft den Arbeitgeber über den Streik unterrichtet, auf einen Mindestdienst verständigen. Wenn sich die Parteien nicht einigen können, legen die Behörden den Umfang des Mindestdienstes fest. (Arbeitsgesetz, Abschnitt 80(2))
Praxis
Am 13. November 2012 wurde es den Fahrern der öffentlichen Verkehrsbetriebe in Vilnius kraft gerichtlicher Anordnung untersagt, zu streiken. Das Gericht befand den geplanten Warnstreik für gesetzwidrig, obwohl alle gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren eingehalten worden waren.
Im März 2012 kam der Oberste Gerichtshof zu dem Schluss, dass Brauereien als wesentliche Dienste zu betrachten seien und erklärte einen Streik der Gewerkschaft der Lebensmittelproduzenten (LPMS) aus diesem Grund für gesetzwidrig. Im Juni 2011 hatte die Gewerkschaft für einen Streik gestimmt, um ihre Forderung nach einem Unternehmenstarifvertrag zu untermauern. Um den Streik zu verhindern, hatte die Betriebsleitung bei Gericht beantragt, Streiks in Brauereien für gesetzwidrig zu erklären.
Das Rechtssystem arbeitet in Fällen ungerechtfertigter Entlassungen langsam. Es gibt keine Arbeitsgerichte oder auf Arbeitskonflikte spezialisierte Richter. Darüber hinaus muss der Gewerkschaftsorganisator beweisen, dass er aufgrund seiner Gewerkschaftsarbeit entlassen wurde, was in den meisten Fällen nicht möglich ist.