Singapur
Die Mitgliedsorganisation des IGB in Singapur ist der National Trades Union Congress (NTUC).
Rechtslage
Vereinigungsfreiheit / Vereinigungsrecht
Vereinigungsfreiheit
Die Vereinigungsfreiheit ist in der Verfassung verankert.
Die Vereinigungsfreiheit wird gesetzlich anerkannt, unterliegt aber strengen Bestimmungen. Die Vereinigungsfreiheit wird gesetzlich anerkannt, unterliegt aber strengen Bestimmungen.
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung ist gesetzlich verboten.
Gesetzliche Hindernisse für die Gründung von Organisationen
- Vorherige Genehmigung oder Billigung der Behörden für die Gründung einer Gewerkschaft erforderlich
- Für die Gründung einer Gewerkschaft ist die Zustimmung des Gewerkschaftsregistrators erforderlich, der über weit reichende Befugnisse hinsichtlich der Ablehnung oder Aufhebung der Zulassung von Gewerkschaften verfügt, insbesondere dann, wenn es in einem Berufszweig oder einer Branche bereits eine Gewerkschaft gibt. Das Parlament kann auf der Grundlage von Fragen der Sicherheit, der öffentlichen Ordnung oder der Moral bestimmte Beschränkungen im Falle einer Gewerkschaftsgründung auferlegen.
Beschränkungen des Rechtes der Gewerkschaften auf die Organisation ihrer Verwaltung
- Beschränkungen des Rechtes auf die ungehinderte Festlegung ihrer Satzungen und Bestimmungen
- Die Gewerkschaften müssen dem Registrator etwaige neue Bestimmungen oder Änderungen bereits existierender Bestimmungen binnen sieben Tagen zur Billigung vorlegen. Der Registrator kann derartige Änderungen ablehnen, wenn sie seines Erachtens entweder ungesetzlich oder "repressiv bzw. übertrieben" sind.
- Beschränkungen des Rechtes auf die Wahl ihrer Vertreter/innen und auf ungehinderte Selbstverwaltung
- Das Gesetz beschränkt die Verwendungszwecke von Gewerkschaftsgeldern, untersagt Zahlungen an politische Parteien oder die Verwendung von Mitteln für politische Zwecke.
Gruppen von Beschäftigten, die Gewerkschaften laut Gesetz weder gründen noch beitreten oder ein Gewerkschaftsamt bekleiden dürfen bzw. nur mit Einschränkungen
- Sonstige Berufsgruppen
- Gewerkschaftsmitglieder unter 21 Jahren benötigen eine schriftliche Genehmigung des Ministers, bevor sie Treuhänder einer Gewerkschaft werden oder ein Gewerkschaftsamt übernehmen können.
- Sonstige Beamte oder öffentlich Bedienstete
- Das Gewerkschaftsgesetz untersagt Regierungsangestellten zwar einen Gewerkschaftsbeitritt, aber der Präsident Singapurs ist gesetzlich befugt, Ausnahmen zuzulassen. Der Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten (AUPE) ist eine solche Ausnahme gewährt worden, und sie vertritt heute alle Bediensteten des öffentlichen Sektors, mit Ausnahme der ranghöchsten Beamten. Neben der AUPE wurde noch 15 weiteren Gewerkschaften des öffentlichen Sektors eine solche Ausnahme gewährt. Uniformiertem Personal, das für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung zuständig ist, ist ein Gewerkschaftsbeitritt untersagt.
- Ausländische oder Wanderarbeitskräfte
- Ausländern ist es laut Gewerkschaftsgesetz untersagt, ohne schriftliche Genehmigung des Ministers ein Gewerkschaftsamt auf nationaler oder regionaler Ebene zu übernehmen. In dem Gesetz heißt es ferner, dass Ausländer nicht ohne schriftliche Genehmigung des Ministers bei einer Gewerkschaft beschäftigt werden oder als Treuhänder einer Gewerkschaft fungieren dürfen.
Tarifverhandlungsrecht
Tarifverhandlungsrecht
Das Tarifverhandlungsrecht wird gesetzlich anerkannt, jedoch nicht angemessen begünstigt und gefördert.
Beschränkungen des Grundsatzes ungehinderter und freiwilliger Verhandlungen
- Ausschluss bestimmter Themen von Tarifverhandlungen (z.B. Löhne, Arbeitszeit)
- Versetzungen und Entlassungen sind von Tarifverhandlungen ausgeschlossen, obwohl die Gewerkschaften in diesen Fällen das Recht haben, nach den Gründen zu fragen und über eine Entschädigung für die Beschäftigten zu verhandeln.
- Obligatorisches verbindliches Schiedsverfahren
Schiedsverfahren
Ein Mittel zur außergerichtlichen Beilegung von Konflikten durch die Einschaltung einer neutralen dritten Partei, die entweder eine Einzelperson oder ein Schiedsgremium sein kann. Bei einem unverbindlichen Schiedsverfahren steht es den Konfliktparteien frei, die daraus resultierende Empfehlung abzulehnen, während sie sich im Falle eines verbindlichen Verfahrens an den Schiedsspruch halten müssen. Als obligatorisches Schiedsverfahren wird ein Prozess bezeichnet, bei dem sich die Parteien nicht freiwillig dafür entscheiden, sondern bei dem es gesetzlich vorgeschrieben ist oder von den Behörden beschlossen wird.
vgl. Schlichtung, Vermittlung
im Falle von Konflikten während laufender Verhandlungen in nicht wesentlichen Diensten - Konflikte können durch Verhandlungen im Rahmen des Arbeitsministeriums beigelegt werden. Die Verfahren dafür sind im Arbeitsbeziehungsgesetz festgelegt. Falls die Schlichtung scheitert, können die an dem Konflikt beteiligten Parteien ihren Fall vor das Arbeits-Schiedsgericht bringen. In einigen Fällen sieht das Gesetz Zwangsschlichtungen vor, die auf Antrag nur einer der betroffenen Parteien die Beendigung von Tarifverhandlungen bewirken können.
Beschränkungen des Geltungsbereichs und der Rechtswirksamkeit abgeschlossener Tarifverträge
- Übermäßig hohe Mehrheit für die Billigung eines Tarifvertragsentwurfs erforderlich
- Gemäß einer im Jahr 2004 verabschiedeten Änderung des Gewerkschaftsgesetzes können zwischen Gewerkschaftsvertretern und Arbeitgebern ausgehandelte Tarifverträge nicht mehr von den Gewerkschaftsmitgliedern abgelehnt werden.
- Beschränkungen der Laufzeit, des Anwendungs- oder Geltungsbereichs von Tarifverträgen
- Alle Tarifverträge haben eine Laufzeit von mindestens zwei und maximal drei Jahren.
- Behördliche Billigung freiwillig abgeschlossener Tarifverträge
- Tarifverträge müssen vom dreigliedrigen Arbeits-Schiedsgericht bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten können. Dieses Gericht kann die Bestätigung aus Gründen des öffentlichen Interesses verweigern. Ein bestätigter Vertrag ist sowohl für die Arbeitgeber als auch für die Gewerkschaft gesetzlich bindend.
Streikrecht
Streikrecht
Das Streikrecht wird gesetzlich anerkannt.
Gesetzliche Hindernisse für rechtmäßige Streiks
- Übertriebene Vorschriften hinsichtlich des erforderlichen Quorums oder der bei einer Streikurabstimmung erforderlichen Mehreheit
- Um zu einem Streik aufrufen zu können, müssen sich 50% der Mitglieder der Gewerkschaft +1 dafür aussprechen.
- Obligatorische Schieds- oder langwierige Schlichtungs- und Vermittlungsverfahren vor einem Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
Bestimmungen, die die Streikmöglichkeiten oder die Wirksamkeit eines Streiks untergraben
- Fehlen spezifischer Schutzmaßnahmen für rechtmäßig streikende Beschäftigte (z.B. Kündigungsschutz)
- Es gibt keine spezifische gesetzliche Bestimmung, die Vergeltungsmaßnahmen gegen Streikende untersagt.
Praxis
Am 26. November 2012 haben 100 chinesische Busfahrer einen Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
organisiert, um gleiche Löhne und Überstundenbezahlung zu fordern. Die singapurischen Behörden verwiesen daraufhin 29 von ihnen des Landes und leiteten gegen fünf gerichtliche Schritte ein. Vier von ihnen wurden gegen Kaution freigelassen, während ein Beschäftigter zu einer sechswöchigen Haftstrafe verurteilt wurde. Die vier gegen Kaution freigelassenen Fahrer sowie die ihnen zur Seite stehenden Menschenrechtler berichteten, dass ihnen der singapurische Sicherheitsdienst in den folgenden Monaten wiederholt gefolgt sei. Im Januar 2013 erstatteten sie in diesem Zusammenhang Anzeige bei der Polizei, aber es wurde nichts unternommen, um die Einschüchterungen zu beenden. Zwei von ihnen gaben zudem an, misshandelt worden zu sein. Die Regierung argumentierte, dass die Arbeitsniederlegung ein illegaler Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
in einem wesentlichen öffentlichen Dienst gewesen sei. Nach Ansicht der IAO
Internationale Arbeitsorganisation
Eine dreigliedrige Organisation der Vereinten Nationen (UN), die 1919 ins Leben gerufen wurde, um die Arbeits- und Lebensbedingungen zu fördern. Sie ist die für die Formulierung und Überwachung internationaler Arbeitsnormenwichtigste internationale Organisation.
vgl. Dreigliedrigkeit, IGB-Leitfaden für internationale Gewerkschaftsrechte
ist der Busverkehr jedoch kein wesentlicher öffentlicher Dienst.
Ausländische Hausangestellte haben nur wenig Möglichkeit, sich zur Verteidigung ihrer Rechte gewerkschaftlich zu organisieren oder Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen zu fordern. Die Arbeitsgesetzgebung schließt schätzungsweise 180.000 ausländische Hausangestellte von wichtigen Schutzbestimmungen aus, die für andere Beschäftigte gelten, wie etwa ein arbeitsfreier Tag pro Woche, Begrenzung der Arbeitszeit, Jahresurlaub, bezahlter Urlaub und Begrenzungen von Lohnabzügen.
Von den für Arbeitsmigranten geltenden Beschränkungen bezüglich der Bekleidung eines Gewerkschaftsamtes, der Erfüllung einer Treuhänderfunktion und der Arbeit bei einer Gewerkschaft (wofür eine vorherige schriftliche Genehmigung des Ministers erforderlich ist) ist ein beträchtlicher Prozentsatz der Erwerbsbevölkerung des Landes betroffen. Angaben des Arbeitsministeriums der Regierung zufolge belief sich die Erwerbsbevölkerung Singapurs Ende 2007 auf insgesamt 2.730.000 Personen, von denen 900.800 (33%) ausländische Arbeitskräfte waren.
Die strikte Kontrolle der Regierung über Arbeitskampfmaßnahmen und die traditionell nicht auf Konfrontationen ausgerichteten Arbeitsbeziehungen
Arbeitsbeziehungen
Die individuellen und kollektiven Beziehungen und Kontakte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern am Arbeitsplatz sowie die institutionelle Interaktion zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebern und auch der Regierung.
vgl. sozialer Dialog
haben zur Folge gehabt, dass es seit 1978 lediglich zwei offiziell belegte Streiktage gegeben hat, obwohl die Arbeit gelegentlich niedergelegt wurde. Während des Jahres 2008 fanden keine Streiks statt.
Mit Ausnahme von sechs Gewerkschaften sind die übrigen 61 Gewerkschaften des Landes dem Dachverband National Trades Union Congress (NTUC) angeschlossen, der enge Verbindungen zur regierenden People’s Action Party (PAP) hat. Der Generalsekretär des NTUC gehört gegenwärtig dem Vorstand der PAP an und ist zudem Minister im Kabinett des Premierministers. Gewerkschaften dürfen nicht in politischen Parteien mitwirken und der NTUC erlaubt es Mitgliedern, die eine Oppositionspolitik unterstützen, nicht, ein Amt zu bekleiden. Die Beziehungen zwischen dem NTUC und der PAP, die seit der Gründung des NTUC im Jahr 1961 bestehen, werden als „symbiotisch“ bezeichnet und wurden bei der ordentlichen Delegiertenkonferenz des NTUC im Jahr 1980 formell gebilligt und im Dezember 2004 öffentlich bekräftigt. Gegenwärtig gibt es 16 Abgeordnete der PAP mit direkten oder früheren Beziehungen zum NTUC.
Aus der Praxis geht hervor, dass viele Gesetze veraltet sind, da zahlreiche mögliche Einschränkungen für Gewerkschaftsrechten nicht angewandt werden. Die Gewerkschaften haben die Streichung dieser veralteten Bestimmungen aus den Gesetzen des Landes gefordert.