Madagaskar

Die Mitgliedsorganisationen des IGB in Madagaskar sind die Confédération des Syndicats des Travailleurs Malagasy Révolutionnaires (FISEMARE), die Firaisan’ny Sendikan’ny Mpiasan’ny Madagasikara (FI.SE.MA.), die Fivondronamben’ny Mpiasa Malagasy Confédération des Travailleurs Malgaches (FMM), die Sendika Krisitianina Malgasy - Conf. Chrétienne des Syndicats Malgaches (SEKRIMA) und die Union des Syndicats Autonomes du Madagascar (USAM).
Madegasgar ratifizierte 1960 das Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (1948) und 1998 das Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen (1949).
Rechtslage
Vereinigungsfreiheit / Vereinigungsrecht
Vereinigungsfreiheit
Die Vereinigungsfreiheit ist in der Verfassung verankert.
Die Vereinigungsfreiheit ist arbeitsrechtlich geregelt.
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung
Das Gesetz untersagt gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung, enthält aber keinen angemessenen Schutz.
Beschränkungen des Rechtes der Gewerkschaften auf die Organisation ihrer Verwaltung
- Beschränkungen des Rechtes auf die ungehinderte Festlegung ihrer Satzungen und Bestimmungen
- Gemäß dem geltenden Arbeitsgesetz wird die Gründung von Gewerkschaften per Erlass geregelt.
- Beschränkungen des Rechtes auf die Wahl ihrer Vertreter/innen und auf ungehinderte Selbstverwaltung
- Gemäß dem geltenden Arbeitsgesetz wird die Mitgliederwerbung von Gewerkschaften per Erlass geregelt.
- Beschränkungen des Rechtes auf die ungehinderte Organisation von Aktivitäten und die Formulierung von Programmen
- Gemäß dem geltenden Arbeitsgesetz wird die Arbeit von Gewerkschaften per Erlass geregelt.
Gruppen von Beschäftigten, die Gewerkschaften laut Gesetz weder gründen noch beitreten oder ein Gewerkschaftsamt bekleiden dürfen bzw. nur mit Einschränkungen
- Sonstige Berufsgruppen
- Die Verfassung vom April 2007 garantiert den Beschäftigten sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors, mit Ausnahme der Seeleute und derjenigen in sogenannten wesentlichen Diensten, das Recht auf den Beitritt zu und die Gründung von Gewerkschaften. Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie das Bankwesen fallen in die Gruppe der wesentlichen Dienste, was erheblich über die IAO-Definition hinausgeht.
Tarifverhandlungsrecht
Tarifverhandlungsrecht
Das Tarifverhandlungsrecht wird gesetzlich anerkannt.
Beschränkungen des Grundsatzes ungehinderter und freiwilliger Verhandlungen
- Obligatorisches verbindliches Schiedsverfahren im Falle von Konflikten während laufender Verhandlungen in nicht wesentlichen Diensten
- Die Beschäftigten müssen zuvor alle von der Regierung festgelegten Schlichtungs-, Vermittlungs- und Schiedsverfahren durchlaufen haben.
Einschränkungen oder Verbot von Tarifverhandlungen in bestimmten Sektoren
- Sonstige Gruppen
- Seeleute sind durch die arbeitsrechtlichen Bestimmungen nicht abgedeckt. Im Schifffahrtsgesetz wird ihnen zwar das Recht auf Tarifabschlüsse zugestanden, doch ihr Vereinigungsrecht wird im Gesetz nicht ausdrücklich anerkannt.
Streikrecht
Streikrecht
Das Streikrecht ist in der Verfassung verankert.
Das Streikrecht wird gesetzlich anerkannt, unterliegt aber strengen Bestimmungen.
Gesetzliche Hindernisse für rechtmäßige Streiks
- Obligatorische Schieds- oder langwierige Schlichtungs- und Vermittlungsverfahren vor einem Streik
- Die Paragraphen 220 und 225 des Arbeitsgesetzes sehen vor, dass der Minister für Arbeit und Sozialgesetzgebung im Falle eines Scheiterns der Schlichtung den kollektiven Konflikt an ein Schiedsverfahren verweist und dass der Schiedsspruch den Konflikt und den Streik beendet.
Bestimmungen, die die Streikmöglichkeiten oder die Wirksamkeit eines Streiks untergraben
- Mögliche Ersetzung von Beschäftigten während eines rechtmäßigen Streiks
- Der IAO-Sachverständigenausschuss hat die Regierung wiederholt aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um § 228 des Arbeitsgesetzes über die Beschlagnahme von streikenden Arbeitnehmern zu ändern, um den Begriff der Störung der öffentlichen Ordnung durch den Begriff der akuten nationalen Krise zu ersetzen.
Einschränkungen oder Verbot von Streiks in bestimmten Sektoren
- Übertriebene Beschränkungen für „Staatsbedienstete“
- Artikel 33 der im April 2007 angenommenen Verfassung besagt, dass das Streikrecht zwar anerkannt werde, die Aufrechterhaltung des öffentlichen Dienstes und die Sicherheit sowie die Grundversorgung der Nation dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden dürften. Diese Bestimmung ist viel zu breit gefasst, da sie sich auf alle Staatsbediensteten bezieht und auch im privaten Sektor keine Beschäftigten direkt davon ausnimmt.
- Willkürliche Festlegung oder übermäßig lange Liste „wesentlicher Dienste“, in denen Streiks untersagt oder stark eingeschränkt sind
- Die Regierung kann Staatsbedienstete an ihren Arbeitsplatz zurückbeordern, um einen Streik zu beenden oder abzuwenden, wenn es sich dabei um einen Bereich handelt, der unter ihre breit gefasste Definition "wesentlicher Dienste" fällt.
Praxis
Seit der Gründung der FISEMARE-Mitgliedsgewerkschaft bei dem Betrieb ACCORD KNITS und der Veröffentlichung der Kandidatenliste für die Wahlen zur Personalvertretung hat die Geschäftsleitung erheblichen Druck auf die Gewerkschaftsmitglieder ausgeübt und die Kandidatenliste der FISEMARE mit der Begründung für unzulässig erklärt, dass die FISEMARE-Betriebsgewerkschaft bei der Sitzung zur Vorbereitung der Wahl nicht anwesend gewesen sei und daher keine Liste einreichen könne, obwohl die Frist noch nicht abgelaufen war, als die FISEMARE die Kandidatenliste präsentiert hatte.
Nach einer Intervention der Vertreterin des FISEMARE-Vorstandes bei einer von ACCORD KNITS anberaumten Zusammenkunft aller bisherigen Gewerkschaftsvertreter/innen hat der für Personalfragen zuständige Direktor die Wahl verschoben, um sich von der Arbeitsaufsicht beraten zu lassen. Unterdessen hat die Geschäftsleitung schwere Strafen gegen die FISEMARE-Kandidaten verhängt, einschließlich einer achttägigen Suspendierung.
Die Wahl der Personalvertretung fand schließlich erst drei Monate später statt und erst nachdem die FISEMARE Beschwerde bei der Arbeitsaufsicht gegen ACCORD KNITS wegen Verletzung der Vereinigungsfreiheit erhoben hatte. Die FISEMARE hat letztendlich vier der acht Mandate errungen.
Am 28. November 2018 kam es zu einem ordnungsgemäß angekündigten Streik, nachdem sich die Geschäftsleitung von ACCORD KNITS geweigert hatte, über die Forderungen der neugewählten Personalvertretung zu diskutieren, wobei es vor allem um die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ging. Eine Abordnung der Arbeitsaufsicht hat den Streik im Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen für rechtswidrig erklärt. Auf der Grundlage dieser willkürlichen Entscheidung hat der Arbeitgeber alle FISEMARE-Vertreter/innen bis zu ihrer endgültigen Entlassung suspendiert. Die FISEMARE hat vergeblich Einspruch beim Arbeitsministerium erhoben, und die Personalvertreter/innen der FISEMARE sind nach wie vor suspendiert.
Die Beschäftigten von Rio Tinto-QIT Madagascar Minerals (QMM) haben innerhalb von fünf Tagen zwei Mal die Arbeit niedergelegt, um gegen die Missachtung ihres Tarifvertrages bezüglich Lohnerhöhungen seitens der Geschäftsleitung zu protestieren. Die Gewerkschaften Sendika Kristanina Malagasy (SEKRIMA) und Syndicalisme et Vie des Sociétés (SVS) haben den Streik am Nachmittag des 8. März ausgesetzt, nachdem die örtliche Geschäftsleitung zugesagt hatte, am folgenden Tag eine Vermittlung unter Federführung der Arbeitsaufsicht zu beginnen. Der Gewerkschaft SEKRIMA zufolge habe das Unternehmen ihren Mitgliedern jedoch mit Entlassung und Leistungseinbußen gedroht, als sie am nächsten Tag zur Arbeit erschienen. Angesichts dieser Einschüchterungen beteiligten sich lediglich 200 Beschäftigte an dem Streik, der am 12. März fortgesetzt wurde. Am 13. März kam es schließlich zu einer Einigung.
Auch im Jahr 2017 wurden die wegen ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft entlassenen Hafenarbeiter nicht wieder eingestellt. Die 42 Hafenarbeiter waren 2012 entlassen worden, weil sie über ihre Gewerkschaft versucht hatten, ihre extrem gefährlichen Arbeitsbedingungen und ihre Löhne, die zu den weltweit niedrigsten gehören, zu verbessern. Angesichts der Weigerung der Regierung, ein Gerichtsurteil zu ihren Gunsten in Kraft zu setzen, hat die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) im April 2017 im Namen der Hafenarbeiter und ihrer Gewerkschaft SYGMMA Klage bei der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) gegen die Regierung erhoben. Im Oktober 2017 haben zudem die Mitgliedsorganisationen der ITF in aller Welt eine Woche lang Aktionen durchgeführt, um der Kampagne gegen die Gewerkschaftsrechtsverletzungen neue internationale Impulse zu geben.
Am 28. September, am zweiten Tag eines unbefristeten Streiks, haben Mitglieder der Richtergewerkschaft SMM und der Justizangestelltengewerkschaft SGM das Eingangstor zum Gericht erster Instanz von Anosy mit Vorhängeschlössern versperrt, eine Methode, die bereits bei früheren Streiks angewandt wurde. Dieses Mal gingen die Behörden jedoch gewaltsam vor, um die Streikenden zur Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu zwingen. Die von Staatsanwältin Razafimelisoa Odette Balsama hinzugezogenen Ordnungskräfte, begleitet von Gerichtsvollziehern, öffneten das verschlossene Eingangstor mit Gewalt und setzten Tränenpulver ein, um die streikenden Gewerkschafter/innen zu vertreiben. Fanirisoa Ernaivo, der Vorsitzenden der SMM, wurde vorgeworfen, mit dem Anbringen der Vorhängeschlösser eine Straftat begangen zu haben und mit Verhaftung gedroht.
Im Mai, wurde Fanirisoa Ernaivo, die Vorsitzende der Richtergewerkschaft SMM, wiederholt angegriffen. Sie hatte wiederholte Behinderungen und eine Einmischung der Regierung in das Gerichtsverfahren im Fall Claudine Razaimamonjy verurteilt, der Sonderberaterin des Präsidenten der Republik, die sich u.a. wegen Unterschlagung verantworten muss. Nach einem Kontrollbesuch im Krankenhaus bei Claudine Razaimamonjy hat der madagassische Kommunikationsminister der SMM-Vorsitzenden beispielsweise mit Disziplinar- und/oder juristischen Maßnahmen gedroht. Mitgliedern der SMM war zudem mit Versetzung gedroht worden.
Die multinationalen Unternehmen Sherrit und Rio Tinto haben die Gewerkschaftsrechte auch während des Jahres 2016 mit Füßen getreten. Die Gewerkschaften haben ihnen jedoch die Stirn geboten, so wie etwa die Organisation Syndicalisme et vie des sociétés (SVS), eine Mitgliedsorganisation von IndustriALL, die sich gegen den Bergbauriesen Sherrit durchgesetzt hat. Nach einem langen Rechtsstreit hat der Staatsrat schließlich einem ihrer führenden Vertreter, Barson Rakotomanga, recht gegeben, der dem Betriebsrat bei der Nickelmine Ambatovy angehört hatte und im Juni 2015 zusammen mit 900 anderen Beschäftigten entlassen worden war, weil er angeblich dem Ruf des Bergbaukonzerns sowohl im Inland als auch im Ausland geschadet habe. Mit diesem Urteil zu seinen Gunsten hat der Staatsrat 15 weiteren entlassenen Gewerkschaftsmitgliedern Hoffnung gegeben.
Im Mai 2016 wurde zwei Bergarbeitern, die sich über die schlechten Arbeitsbedingungen am Standort von Rio Tinto QMM in Fort-Dauphin beschwert hatten, von ihrem Arbeitgeber mit Entlassung gedroht.
Am 18. September wurde Oliva Andrianalimanana, der Vorsitzende der IGB-Mitgliedsgewerkschaft Union des syndicats autonomes de Madagascar (USAM) und Präsident des Gewerkschaftsbündnisses bei der staatlichen Wasser- und Elektrizitätsgesellschaft JIRAMA, in der Hauptstadt verhaftet und inhaftiert. Ein Teil der 5.800 JIRAMA-Beschäftigten hatte seit dem 10. August gestreikt. Die IGB-Afrika und IndustriALL Global Union hatten sie unterstützt.
Dem Gewerkschafter wurde Täuschung im Zusammenhang mit einer früheren Angelegenheit zur Last gelegt, die nichts mit dem Arbeitskonflikt zu tun hatte. Die Behörden haben diesen alten Fall nach Ansicht der Streikenden, der Gewerkschaften und von Beobachtern lediglich wieder ausgegraben, um den Gewerkschafter zum Schweigen zu bringen und den Streik zu beenden. Die JIRAMA-Geschäftsleitung hat zudem Demonstrationen auf dem Betriebsgelände unter dem Vorwand verboten, dass an seinem Standort Ambohijatovo Avaratra einige Wochen zuvor ein Sprengkörper gefunden worden sei. Am 23. September sah sich das geschwächte Gewerkschaftsbündnis gezwungen, sich aufzulösen und den Streik zu beenden. Am 11. November wurden Oliva Andrianalimanana und ein anderer Streikender zu einer 14-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt und zudem entlassen.
Am 5. November konnten sich mehr als 100 Sicherheitskräfte von Rio Tinto bei einem Konflikt mit ihrem Arbeitgeber Pro’Tech Security nach einem dreiwöchigen Streik durchsetzen. Sie hatten vor allem die Wiedereinstellung zwei ihrer Vertreter gefordert, die auch führende Vertreter des Gewerkschaftsdachverbandes FISEMA sind (Confédération générale des syndicats des travailleurs de Madagascar). FISEMA-Generalsekretär Eugène Chrétien unterstrich in diesem Zusammenhang die Bedeutung solidarischer Maßnahmen, und er würdigte die Geschäftsleitung von Pro’Tech Security für ihr Einsehen. IndustriALL hatte seine Mitgliedsorganisation unterstützt und die Notwendig einer internationalen Kampagne gegen den übermäßigen Rückgriff von Rio Tinto auf Subunternehmen und die damit verbundenen Missstände betont.
Am 3. Juni hat der Bergbaukonzern Sherrit International, der 3.000 Arbeitnehmer direkt beschäftigt und weitere 6.000 über Subunternehmer, 900 Beschäftigte an seinem Standort Ambatovy (Nickel und Kobalt) sechs Monate lang freigesetzt. Betroffen waren auch 15 Gewerkschaftsvertreter, die vor einer derartigen Maßnahme eigentlich hätten geschützt sein sollen. Der entsprechende Beschluss war unerwartet und ohne Konsultation des Betriebsrates gefasst worden. Viele Beschäftigte erfuhren von ihrer betriebsbedingten Freisetzung ohne Lohnausgleich am Morgen des 5. Juni, als sie am Mineneingang zurückgewiesen wurden. Eine der Betroffenen nahm sich daraufhin das Leben. Die Betriebsleitung berief sich auf den Rückgang des Nickelpreises und auf einen zweiwöchigen Streik Anfang des Jahres, der ebenfalls zur Verringerung der Gewinne beigetragen habe. Mit Unterstützung von IndustriALL Global Union konnten die Gewerkschaften diese Argumente jedoch schnell widerlegen. Das Finanzergebnis für 2014 und für das erste Quartal 2015 wurden als ausgezeichnet bewertet. Sherry hatte dem Verteidigungsministerium zudem einige Monate zuvor eine Million Dollar gespendet, was IndustriALL für unethisch hielt. Die IndustriALL-Mitgliedsgewerkschaften FESATI, FSTEM, SVS und SEKRIMA sehen in diesem massiven Personalabbau eine Möglichkeit für Sherrit, die Gewerkschaften mithilfe der Regierung zu zerschlagen, zumal sich der Konzern später geweigert hat, Beweise dafür zu liefern, dass die Freisetzungen finanzielle Gründe hatten. Es wurde vermutet, dass der Arbeitgeber die Gewerkschaften infiltriert hat, was zu internen Auseinandersetzungen, Zerwürfnissen und einem Klima des Misstrauens geführt hat, wodurch die Gewerkschaften geschwächt wurden, eine Strategie, die Spannungen, Ängste und Ressentiments unter den Beschäftigten und der örtlichen Bevölkerung hervorgerufen hat. Im Dezember hat IndustriALL die „Arroganz“ des Bergbaukonzerns verurteilt, der eine Vermittlung mit den Gewerkschaften auf Einladung der Behörden abgelehnt und den Betriebsrat aufgelöst hat. Festzuhalten ist zudem, dass Sherry nie aufgehört hat, ausländische Arbeitskräfte, Migranten und örtliche Zeitarbeitskräfte einzustellen, und Ende des Jahres gab der Konzern bekannt, dass lediglich 10% der im Juni Freigesetzten wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren könnten.
Die soziale Unzufriedenheit bei der Fluggesellschaft Air Madagascar vor allem im Zusammenhang mit der schlechten Geschäftsführung, Diskriminierung bei der Vergütung (Inländer/Ausländer) oder nicht genehmigten Urlaubstagen nahm Anfang Juni zu, als der Arbeitgeber ein Disziplinarverfahren gegen aktive Gewerkschaftsmitglieder einleitete, die sich öffentlich beschwert hatten. Die Gewerkschaften machten gemeinsame Front und begannen am 15. Juni einen Streik im Einklang mit dem Arbeitsgesetz. Anstatt sich die Forderungen der Gewerkschaften anzuhören, erklärte die Geschäftsleitung den Streik für illegal und forderte die Rückkehr des Personal an seinen Arbeitsplatz, wodurch sich die Fronten lediglich verhärteten. Am 27. Juni wurden sieben Streikende zur Wirtschaftspolizei einbestellt, nachdem der Minister für Tourismus sie wegen „Wirtschaftssabotage, Destabilisierung des Staates und Bildung einer kriminellen Vereinigung“ angezeigt hatte. Rado Rabarilala, der Anführer des Streiks, wurde vorübergehend festgenommen, während bei ihm eine Hausdurchsuchung stattfand, und anschließend entlassen, ebenso wie drei weitere Personalvertreter. Die Situation entspannte sich, nachdem der Direktor zurückgetreten war und die Regierung einen neuen Verwaltungsrat ernannt hatte. Am 17. Juli wurde der Streik beendet, nachdem die Wiedereinstellung der vier entlassenen Streikenden zugesagt worden war, was bis Ende des Jahres 2015 jedoch immer noch nicht geschehen war.
Die Bildungsgewerkschaft Fédération chrétienne des enseignants et employés de l’éducation (FEKRIMPAMA) hat Anfang April eine Vereinbarung des Bildungsministeriums mit 15 Gewerkschaften dieses Sektors, die monatliche Zusammenkünfte vorsieht, kritisiert. Der Wortlaut der Vereinbarung, die keine wirkliche rechtliche Bedeutung hat, enthält einige unklare Formulierungen wie etwa: „Die unterzeichneten Gewerkschaften und Vereinigungen verpflichten sich dazu, die Verwaltungshierarchie zu respektieren“. Die FEKRIMPAMA, die einzige Gewerkschaftsorganisation des Landes, die der Bildungs-Internationale angehört, war nicht zu den Gesprächen eingeladen. Sie hat die übermäßige Politisierung des Bildungswesens sowie die Knebelung der Gewerkschaften durch diese Vereinbarung verurteilt. Die Gewerkschaftsrechte werden in der Praxis häufig in Frage gestellt: Wer vor einer Schule Flugblätter verteilt oder ein Plakat aufhängt, kann sich in Gefahr begeben, ganz zu schweigen von denen, die zum Streik oder zu einer Demonstration aufrufen.
Ein bei dem Unternehmen DM International beschäftigtes Gewerkschaftsmitglied wurde ohne Begründung entlassen und hat dagegen Beschwerde bei der zuständigen regionalen Stelle für Arbeits- und soziale Angelegenheiten erhoben, woraufhin es wieder eingestellt wurde. Im November 2013 wurde das Gewerkschaftsmitglied jedoch wegen mutmaßlichen Diebstahls festgenommen und inhaftiert. Die Unternehmensleitung behauptete, es habe Eisen von dem Betrieb gestohlen und drohte damit, eine Inhaftierung bis zum Beginn des Gerichtsverfahrens zu beantragen, falls es nicht kündige.
Beim Unternehmen La Hutte Canadienne kam es zu gewerkschaftsfeindlicher Diskriminierung, als eine Beschäftigte, die im August 2013 einer Gewerkschaft beigetreten war, kontinuierlich gemobbt wurde und unterschiedliche Aufgaben zugewiesen bekam, bis sie schließlich im November 2013 unter dem Vorwand entlassen wurde, dass sie nicht kompetent genug für ihre Stelle sei.
Der Gewerkschaftsvertreterin Sylvie Rakotoarivelo, die für das Unternehmen Initiatives arbeitet, wurde am 11. Januar 2014 wegen ihrer Beteiligung an einer Gewerkschaftsaktion am 23. Dezember 2013 ein Verweis erteilt. Die Geschäftsführung hatte sie zunächst freigestellt, um ihr die Teilnahme an der Aktivität zu ermöglichen, diese Genehmigung dann jedoch wieder zurückgezogen. Ihr wurde vorgeworfen, ihre Aufgaben nicht zu erfüllen, und mit Entlassung gedroht.
Nach dem Schiedsspruch des Schiedsrates zugunsten der Beschäftigten im März 2013 hat der Gewerkschaftsvertreter Avohaja Radanielina eine E-Mail an die Gewerkschaftsmitglieder verschickt, um den Schiedsspruch im Detail zu erläutern. Die BFV Bank/SG hat ihn daraufhin verwarnt, weil er betriebliche Einrichtungen für Gewerkschaftszwecke genutzt habe, obwohl der Schiedsspruch besagte, dass keine Gewerkschafter/innen im Zuge dieses Konfliktes diskriminiert werden sollten. Die Gewerkschaft hat sich daraufhin erneut an den Schiedsrat gewandt, der den Arbeitgeber aufgefordert hat, die Verwarnung zurückzuziehen.
Bei einer von der IAO im Dezember 2013 in Antananarivo organisierten dreigliedrigen Sitzung hat der Sprecher der Arbeitgeber erklärt, dass die Arbeitgeber keinen für die Freien Exportzonen geltenden Tarifvertrag unterschreiben würden.
Während eines Seminars des IGB zum Thema Freihandelszonen berichteten die Gewerkschaften, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Sektor nach wie vor mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben: zu hohe, einseitig von den Arbeitgebern festgelegte Produktionsziele, Verstöße gegen geltende Rechtsvorschriften bezüglich Überstunden, ausbleibende Zahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Gesundheits- und Sicherheitsprobleme, die nicht versorgt werden. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben sich über prekäre Beschäftigungsverträge beklagt, die unter Druck sowie unter Androhung willkürlicher Entlassungen abgeschlossen wurden. Fetra Lovasoa, Generalsekretär des Verbands der Gewerkschaften der Beschäftigten in den Freihandelszonen hat diese Arbeitsbedingungen mit moderner Sklaverei verglichen. Die Gewerkschaften sind in rund 60 Betrieben der Freihandelszone aktiv, insbesondere im Textilsektor. Der Organisationsgrad ist beschränkt und beläuft sich auf lediglich 10% bis 14% der (mehrheitlich weiblichen) Beschäftigten, rund 5.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insgesamt. Im Juli hat die Regierung angekündigt, innerhalb der nächsten fünf Jahre 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze in den Freihandelszonen schaffen zu wollen.
Der Umfang der landwirtschaftlichen Subsistenzwirtschaft und der informellen Wirtschaft sowie die Abneigung der Arbeitgeber gegen Gewerkschaftsaktivitäten tragen dazu bei, dass die Arbeitsgesetzgebung nur für eine geringe Minderheit der Beschäftigten gilt. In den vergangenen Jahren haben die Gewerkschaften die Undurchsichtigkeit der Abkommen zwischen Regierungsstellen und Bergbaugesellschaften angeprangert, ebenso den zunehmenden illegalen Export von Rosenholz. Laut einem kürzlich erschienenen Bericht des Gewerkschaftsbundes Conférence des travailleurs de Madagascar (CTM) und der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) wurden Tarifverträge hauptsächlich in staatlichen Unternehmen unterzeichnet. Dennoch sind die meisten durch die Privatisierungen (Schiene, Telekommunikation, Energie usw.) hinfällig geworden.