Griechenland
Die Mitgliedsorganisation des IGB in Griechenland ist der Gewerkschaftsbund GSEE.
Griechenland ratifizierte 1962 das Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit
Vereinigungsfreiheit
Das Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften nach eigener Wahl sowie das Recht der Gewerkschaften, ungehindert zu arbeiten und ihre Aktivitäten ohne unzulässige Eingriffe zu verrichten.
vgl. IGB-Leitfaden für internationale Gewerkschaftsrechte
und den Schutz des Vereinigungsrechtes (1948) und das Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen (1949).
Rechtslage
Vereinigungsfreiheit / Vereinigungsrecht
Vereinigungsfreiheit
Die Vereinigungsfreiheit ist in der Verfassung verankert.
Die Vereinigungsfreiheit ist gesetzlich geregelt.
Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung
Das Gesetz untersagt gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung, enthält aber keinen angemessenen Schutz.
Gesetzliche Hindernisse für die Gründung von Organisationen
- Vorherige Genehmigung oder Billigung der Behörden für die Gründung einer Gewerkschaft erforderlich
- Das am 19. Juni 2021 veröffentlichte Gesetz 4808/2021 sieht u.a. die Einrichtung eines allgemeinen Registers der Arbeitnehmergewerkschaften vor, das in Form einer elektronischen Datenbank im Informationssystem "ERGANI" des Arbeitsministeriums geführt wird. Dieses System unterwirft die Gewerkschaften der Registrierungspflicht und gewährt nur den registrierten Organisationen einen Rechtsstatus (für die nach Inkrafttreten des Gesetzes 4808/2021 gegründeten Gewerkschaften) und das Recht auf die Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Rechte wie Tarifverhandlungen, Organisation von Streiks und Schutz der Gewerkschaftsvertreter vor gewerkschaftsfeindlichen Maßnahmen. Nach Ansicht der Gewerkschaften besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass dieses Register die Arbeit der Gewerkschaftsorganisationen und die Ausübung ihrer Rechte behindern wird.
Gruppen von Beschäftigten, die Gewerkschaften laut Gesetz weder gründen noch beitreten oder ein Gewerkschaftsamt bekleiden dürfen bzw. nur mit Einschränkungen
- Sonstige Berufsgruppen
- Rentner haben nicht das Recht, Gewerkschaften beizutreten und zu gründen.
Tarifverhandlungsrecht
Tarifverhandlungsrecht
Das Tarifverhandlungsrecht wird gesetzlich anerkannt, jedoch nicht angemessen begünstigt und gefördert.
Gesetzliche Hindernisse für die Anerkennung von Tarifparteien
- Umgehung repräsentativer Gewerkschaften und direkte Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern möglich
- Das Gesetz Nr. 3845/2010 sieht die Abschaffung des 'Günstigkeitsprinzips' vor, da die Klauseln kollektiver beruflicher und betrieblicher Vereinbarungen (künftig) von den relevanten Klauseln sektoraler und genereller landesweiter Vereinbarungen abweichen und sektorale Klauseln von den relevanten Klauseln nationaler Manteltarifverträge (EGSSE) abweichen können. Darüber hinaus besagt das Gesetz Nr. 4024/2011, dass in Betrieben, in denen es keine Gewerkschaft gibt, eine Vereinigung von Personen einen Tarifvertrag abschließen kann. Auf diese Weise haben die Vereinigungen von Personen prioritär die Möglichkeit, betriebliche Vereinbarungen auszuhandeln, während die Verhandlungen für Kleinbetriebe zuvor auf der jeweiligen sektoralen Ebene stattfanden. Zudem sind für die Gründung einer Gewerkschaft mindestens 20 Mitglieder erforderlich, während es im Falle einer Vereinigung von Personen lediglich fünf sind. Angesichts der Vielzahl kleiner Betriebe auf dem griechischen Arbeitsmarkt (in denen etwa 90 Prozent der Erwerbsbevölkerung beschäftigt sind) wirkt sich die Privilegierung dieser Vereinigungen von Personen in Verbindung mit der Abschaffung des 'Günstigkeitsprinzips' äußerst nachteilig auf die Grundlagen des gesamten Tarifprozesses in dem Land aus.
Beschränkungen des Grundsatzes ungehinderter und freiwilliger Verhandlungen
- Obligatorisches verbindliches Schiedsverfahren
Schiedsverfahren
Ein Mittel zur außergerichtlichen Beilegung von Konflikten durch die Einschaltung einer neutralen dritten Partei, die entweder eine Einzelperson oder ein Schiedsgremium sein kann. Bei einem unverbindlichen Schiedsverfahren steht es den Konfliktparteien frei, die daraus resultierende Empfehlung abzulehnen, während sie sich im Falle eines verbindlichen Verfahrens an den Schiedsspruch halten müssen. Als obligatorisches Schiedsverfahren wird ein Prozess bezeichnet, bei dem sich die Parteien nicht freiwillig dafür entscheiden, sondern bei dem es gesetzlich vorgeschrieben ist oder von den Behörden beschlossen wird.
vgl. Schlichtung, Vermittlung
im Falle von Konflikten während laufender Verhandlungen in nicht wesentlichen Diensten - Gemäß dem Gesetz Nr. 4549/2018 wird das Recht auf einseitige Inanspruchnahme eines Schiedsverfahrens in zwei Fällen gewährt: (i) auf Initiative einer Partei, wenn die andere Partei die Mediation abgelehnt hat; und (ii) auf Initiative einer Partei, die den Mediationsvorschlag angenommen hat, der von der anderen Partei abgelehnt wurde. Der IAO-Sachverständigenausschuss und der Ausschuss für die Durchführung der Normen haben zwar einige Verbesserungen in der Gesetzgebung festgestellt, aber sowohl der IAO-Sachverständigenausschuss als auch der Ausschuss für die Durchführung der Normen haben darauf hingewiesen, dass gesetzliche Bestimmungen, die es jeder Partei erlauben, einseitig ein obligatorisches Schiedsverfahren zur Beilegung einer Streitigkeit zu beantragen, freiwillige Tarifverhandlungen nicht fördern und im Widerspruch zu Übereinkommen 98 stehen.
- Befugnis der Behörden, in die Vorbereitung von Tarifverträgen einzugreifen
- Trotz der Beendigung des Abschlusses des dritten wirtschaftlichen Anpassungsprogramms für Griechenland sind die Tarifverhandlungsrechte noch nicht vollständig wiederhergestellt. Unter Hinweis auf diese Situation forderte der IAO-Ausschuss für die Durchführung von Normen in seinen Schlussfolgerungen 2018, "sicherzustellen, dass die Behörden von Eingriffen absehen, die das Recht auf freie und freiwillige Tarifverhandlungen einschränken oder seine rechtmäßige Ausübung behindern".
Beschränkungen des Geltungsbereichs und der Rechtswirksamkeit abgeschlossener Tarifverträge
- Beschränkungen der Laufzeit, des Anwendungs- oder Geltungsbereichs von Tarifverträgen
- Unternehmen, die mit großen wirtschaftlichen Problemen konfrontiert sind, die ein Vor-Konkurs- oder Konkursverfahren durchlaufen oder sich in einem Prozess des außergerichtlichen Vergleichs oder der finanziellen Konsolidierung befinden, können vom Geltungsbereich der Ausdehnung eines Tarifvertrags ausgeschlossen werden, unabhängig davon, ob der ausgedehnte Tarifvertrag Ausnahmen von der Anwendung der Bedingungen für die Arbeitnehmer in einem Unternehmen vorsieht (Abschnitt 3, Absatz 8 des Gesetzes 1876/1990). Eine begründete Stellungnahme des Obersten Arbeitsrates bezüglich der Bedingungen oder des gesamten Tarifvertrages ist erforderlich.
Bestimmungen, die Tarifverhandlungen und deren Wirksamkeit untergraben
- Fehlen eines geeigneten Verfahrens zur Unterstützung und Förderung des Tarifprozesses
- Das Gesetz Nr. 3845/2010 sieht die Abschaffung des "Günstigkeitsprinzips" in dem Sinne vor, dass die Klauseln von Berufs- und Unternehmenstarifverträgen von den entsprechenden Klauseln von sektoralen und allgemeinen nationalen Tarifverträgen abweichen können und dass die Klauseln von sektoralen Tarifverträgen von den entsprechenden Klauseln der nationalen allgemeinen Tarifverträge abweichen können.
Einschränkungen oder Verbot von Tarifverhandlungen in bestimmten Sektoren
- Sonstige Beamte und öffentlich Bedienstete
- Das Recht der Staatsbediensteten auf Tarifverhandlungen ist eingeschränkt.
- Sonstige Gruppen
- Rentner sind von der Gesetzgebung über Tarifverhandlungen ausgeschlossen.
Streikrecht
Streikrecht
Das Streikrecht ist in der Verfassung verankert.
Das Streikrecht wird gesetzlich anerkannt.
Gesetzliche Hindernisse für rechtmäßige Streiks
- Sonstige übermäßig komplexe oder zeitaufwendige Formalitäten vor einem Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik - Das jüngste Gesetz 4808/2021 sieht weitere Einschränkungen des Streikrechts vor. So wird die Streikankündigung dem/den betroffenen Arbeitgeber(n) von einem Gerichtsvollzieher schriftlich mitgeteilt und enthält den Tag, den Beginn und das Ende des Streiks, die Art des Streiks, die Streikforderungen und die Gründe für diese Forderungen.
Bestimmungen, die die Streikmöglichkeiten oder die Wirksamkeit eines Streiks untergraben
- Sonstige gesetzliche Bestimmungen, die das Streikrecht untergraben
- Laut Gesetz 4808/2021 ist die Gewerkschaftsorganisation, die zu einem Streik aufruft, verpflichtet, das Recht der Arbeitnehmer, die sich nicht am Streik beteiligen, zu schützen, so dass sie ihren Arbeitsplatz ungehindert aufsuchen und verlassen und ihre Arbeit ungehindert verrichten können, insbesondere ohne dass jemand physische oder psychische Gewalt gegen sie ausübt. Ein solches Hindernis können Beschimpfungen sein, die von Gewerkschaftsmitgliedern oder Dritten gegen Streikbrecher gerichtet werden. Im Falle eines Verstoßes gegen diese Bestimmung kann der Streik durch einen Gerichtsbeschluss (im Schnellverfahren) beendet werden. In diesem Fall müssen bei der Ausrufung eines neuen Streiks alle rechtlichen Formalitäten eingehalten werden. Durch diese Regelung wird die Gewerkschaftsorganisation für die Handlungen Dritter verantwortlich gemacht, was schwerwiegende Folgen für das Streikrecht hat. Darüber hinaus bedroht die Einführung vager und uneinheitlicher Definitionen, wie z.B. psychische Gewalt, die Ausübung des Streikrechts, das nicht mehr durchsetzbar zu sein droht.
Einschränkungen oder Verbot von Streiks in bestimmten Sektoren
- Übertriebene Beschränkungen für „Staatsbedienstete“
- Gemäß Gesetz 1264/1982 unterliegt das Streikrecht von Beamten und Angestellten regionaler und lokaler Körperschaften sowie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts Beschränkungen, ebenso wie das Streikrecht von Angestellten, die im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages im öffentlichen Sektor arbeiten, gemäß § 20 Absatz 2 und § 21 desselben Gesetzes. Richter haben nicht das Recht zu streiken.
- Willkürliche Festlegung oder übermäßig lange Liste „wesentlicher Dienste“, in denen Streiks untersagt oder stark eingeschränkt sind
- Auf der Grundlage des Gesetzes 1264/1982 werden Dienstleistungen, die als wesentlich gelten, wie folgt definiert: juristische Personen oder öffentliche Einrichtungen des öffentlichen Rechts, deren Betrieb für die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Gesellschaft unerlässlich ist; dazu gehören: a) die Bereitstellung von Gesundheitsdiensten, wie Krankenhäuser oder andere Einrichtungen des Gesundheitswesens, b) die Reinigung und Verteilung von Wasser, c) die Erzeugung und Verteilung von Elektrizität oder Brenngas, d) die Gewinnung oder Raffination von Erdöl, e) die Beförderung von Personen und Gütern auf dem Land-, See- oder Luftweg, f) Telekommunikations- und Postdienste, Rundfunk und Fernsehen, g) die Ableitung von Abwässern und Abwasser (i) die Bank von Griechenland, die Zivilluftfahrt und alle Arten von Diensten oder Teilen von Diensten, die für die Abrechnung und Zahlung von Löhnen und Gehältern an Mitarbeiter des öffentlichen Sektors gemäß Artikel 51 des Gesetzes 1892/1990 des öffentlichen Sektors in Griechenland verantwortlich sind.
- Willkürliche Festlegung oder übermäßig lange Liste „öffentlicher Versorgungsbetriebe“, in denen im Falle eines Streiks die Aufrechterhaltung eines Mindestdienstes gefordert werden kann
- Das Gesetz 4808/2021 sieht vor, dass im Falle eines Streiks im öffentlichen Dienst neben dem Sicherheitspersonal zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt werden muss, um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung während des Streiks zu befriedigen (garantierter Mindestdienst). Das Gesetz legt diesen Mindestdienst auf ein Drittel des normalen Dienstes fest. Für die Gewerkschaften bedeutet dies eine zusätzliche Belastung bei der Organisation von Streiks.
- Sonstige Einschränkungen (z.B. in FEZ Freie Exportzone Ein besonderes Industriegebiet eines Landes, in dem importierte Materialien vor ihrer erneuten Ausfuhr verarbeitet werden; soll vor allem ausländische Investoren anziehen, denen besondere Anreize wie die Ausnahme von bestimmten Handelsbarrieren, Steuern, Regeln und/oder arbeitsrechtlichen Bestimmungen geboten werden. )
- Rentner haben nicht das Recht zu streiken.
Praxis
Die griechischen Bildungsgewerkschaften OLME (Sekundarlehrkräfte an staatlichen Schulen) und DOE (Primar-/Grundschullehrkräfte) haben ihre Kongresse vom 23. – 25. bzw. 28. – 30. Juni in Athen abgehalten und unterstrichen, dass ihre Bemühungen um die Festanstellung von Lehrkräften kein Einzelfall in Europa seien.
Die Ausübung von Druck auf die griechische Regierung, vor allem nach den Parlamentswahlen im Juli, wird in den kommenden Monaten entscheidend sein. Seit 2010 wurden keine Lehrkräfte mehr mit unbefristeten Verträgen eingestellt. Alle offenen Stellen wurden mit prekären Verträgen besetzt. Der Anteil der mit befristeten Verträgen beschäftigten Lehrkräfte hat sich infolgedessen in den letzten zehn Jahren von 7% auf 14% verdoppelt, sowohl im Primar- als auch im Sekundarbereich. Die Forderung nach Gehaltserhöhungen steht ebenfalls weiter ganz oben auf der Agenda beider Organisationen, da die Lehrergehälter in den Jahren der Sparmaßnahmen im Durchschnitt um 30% gekürzt wurden, verglichen mit 18%igen Kürzungen im öffentlichen Sektor allgemein.
In Griechenland finden im öffentlichen Sektor nach wie vor keine Tarifverhandlungen statt, auch nicht für die öffentlichen Schulen, die 95% aller schulischen Einrichtungen in Griechenland ausmachen. Wie in allen anderen Bereichen des öffentlichen Sektors werden die Gehälter und Beschäftigungsbedingungen der Lehrkräfte durch Dekrete des Finanz- und des Arbeitsministeriums festgelegt.
Im privaten Sektor wurde der Tarifprozess durch die Inkraftsetzung des Memorandums mit der EU und dem IWF von 2010 komplett demontiert, da die Festlegung der Arbeitsbedingungen mittels Tarifverhandlungen durch individuelle Beschäftigungsverträge ersetzt wurde.
Die Regierung umgeht auch einen echten dreigliedrigen sozialen Dialog im öffentlichen Sektor. Die Gewerkschaft OLME nimmt zwar an den Sitzungen des Nationalen Bildungsrats teil, aber lediglich in beobachtender Funktion, da der Staat nicht verpflichtet ist, ihre Ansichten zu berücksichtigen. Auch im Bildungsausschuss des griechischen Parlaments werden Vorschläge und Meinungen der OLME systematisch von der Regierung verworfen, während eine Reihe von Gesetzentwürfen an die Öffentlichkeit gelangen, bevor die OLME offiziell über deren Existenz unterrichtet wurde.
Nach einer Reihe von Attacken auf den Gewerkschaftsbund GSEE und einiger seiner Organisationen drangen am 4. April um 3 Uhr morgens rund 200 Schläger in das Hotel auf Rhodos ein, in dem die GSEE-Delegierten zur 37. nationalen Konferenz des GSEE versammelt waren, um u.a. auch Wahlen abzuhalten. Daraufhin musste die Konferenz zum zweiten Mal verschoben werden, nachdem der erste Versuch, sie am 15. März in Kalamata abzuhalten, von der Minderheitsgruppe PAME vereitelt worden war.
Der IGB und der EGB haben alle gewaltsamen Angriffe auf Gewerkschafter*innen verurteilt, da sie einen schweren Verstoß gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit
Vereinigungsfreiheit
Das Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften nach eigener Wahl sowie das Recht der Gewerkschaften, ungehindert zu arbeiten und ihre Aktivitäten ohne unzulässige Eingriffe zu verrichten.
vgl. IGB-Leitfaden für internationale Gewerkschaftsrechte
darstellen und den Grundprinzipien der Gewerkschaftsbewegung zuwiderlaufen, und die griechische Regierung auch vor dem Hintergrund ihrer Verantwortung, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Gewerkschaften bei ihrer Arbeit keiner körperlichen Gewalt oder Drohungen ausgesetzt sind.
Das Vorgehen der Splittergruppe hat dazu geführt, dass der GSEE seinen satzungsmäßigen Verpflichtungen nicht nachkommen konnte und einer externen Verwaltung unterstellt werden musste. Diese Verwaltung sollte das demokratische Mandat der gewählten Führungsspitze des GSEE respektieren und dafür sorgen, dass die Organisation in der Lage ist, ihre Aktivitäten fortzusetzen, einschließlich der Abhaltung demokratischer Wahlen ohne Eingriffe von außen.
Die griechischen Gewerkschaften haben für den 17. Mai 2017 zum Generalstreik gegen die neuen gewerkschaftsfeindlichen Gesetze und das vierte Memorandum, das die griechische Regierung grade unterschreiben wollte, aufgerufen. Die neuen Sparmaßnahmen, die 2019 und 2020 in Kraft treten sollen, werden zu weiteren Rentenkürzungen führen. Die griechische Regierung hat die Sozialpartner
Sozialpartner
Gewerkschaften und Arbeitgeber bzw. deren repräsentative Verbände.
bezüglich dieser neuen Maßnahmen nicht konsultiert und die Krise zum Vorwand genommen, um den Tarifprozess und den sozialen Dialog in dem Land unablässig zu untergraben. Internationale Gewerkschaftsorganisationen, darunter UNI Europa, haben die griechische Regierung aufgefordert, das Tarifverhandlungssystem uneingeschränkt wiederherzustellen, insbesondere auf sektoraler Ebene. Geschieht dies nicht, werden die Handlungsmöglichkeiten der Gewerkschaften untergraben und es würde gegen EU-Standards und die Übereinkommen der IAO
Internationale Arbeitsorganisation
Eine dreigliedrige Organisation der Vereinten Nationen (UN), die 1919 ins Leben gerufen wurde, um die Arbeits- und Lebensbedingungen zu fördern. Sie ist die für die Formulierung und Überwachung internationaler Arbeitsnormenwichtigste internationale Organisation.
vgl. Dreigliedrigkeit, IGB-Leitfaden für internationale Gewerkschaftsrechte
verstoßen.
Der Internationale und der Europäische Gewerkschaftsbund haben den Internationalen Währungsfonds ersucht, keine weiteren Rentenkürzungen und Maßnahmen zur Deregulierung des Arbeitsmarktes von Griechenland zu fordern, bevor er einem neuen Kreditprogramm zustimmt oder Auszahlungen seitens europäischer Institutionen genehmigt.
Am 23. März hat ein Sprecher des IWF erklärt, dass der IWF „vor allem Renten- und Arbeitsmarktreformen“ als Bedingungen für eine Verlängerung der Finanzhilfen für Griechenland anstrebe. Die griechischen Beschäftigten haben jedoch bereits eine erhebliche Verschlechterung ihres Lebensstandards hinnehmen müssen. Zu den von den Kreditgebern seit 2010 geforderten Spar- und Deregulierungsmaßnahmen gehören Einschnitte bei den Mindestlöhnen, Renten und Tarifverhandlungen.
IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow: „Die griechischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben nahezu die gesamten Kosten der 2008 begonnenen Krise getragen. Die Löhne und Renten wurden gekürzt, und ein Viertel der Menschen sind nach wie vor arbeitslos. Die IAO
Internationale Arbeitsorganisation
Eine dreigliedrige Organisation der Vereinten Nationen (UN), die 1919 ins Leben gerufen wurde, um die Arbeits- und Lebensbedingungen zu fördern. Sie ist die für die Formulierung und Überwachung internationaler Arbeitsnormenwichtigste internationale Organisation.
vgl. Dreigliedrigkeit, IGB-Leitfaden für internationale Gewerkschaftsrechte
hat im vergangenen Jahr eine umfassende Untersuchung veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Tarifbindung in Griechenland von 70 Prozent vor der Krise auf 10 Prozent im Jahr 2015 zurückgegangen ist. Die weitere Aushebelung der kollektiven Arbeitnehmerrechte wird nicht zu einer Konjunkturerholung in Griechenland beitragen, sondern den alarmierenden Trend der zunehmenden Ungleichheit in dem Land weiter verstärken.“
EGB-Generalsekretär Luca Visentini stellte fest, dass der jüngste Versuch des IWF, die Arbeitnehmerrechte in Griechenland weiter zu beschneiden, einen Angriff auf das Europäische Sozialmodell darstelle: „Arbeitnehmer und Arbeitgeber, von denen 95 Prozent Kleinstbetriebe sind, brauchen kollektive Verhandlungen auf sektoraler Ebene und keine kollektiven Entlassungen. Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, hat Ministerpräsident Tsipras bereits schriftlich versichert, dass Tarifverhandlungen und das Streikrecht von den Sozialpartnern mit Unterstützung der Regierung zu klärende innerstaatliche Angelegenheiten seien und die Kommission in Griechenland in diesen Fragen nicht eingreifen werde. Wir wollen, dass der IWF den griechischen Arbeitnehmern und Unternehmen denselben Respekt zollt, anstatt sogenannte ‘Reformen’ zu fordern, die der griechischen Wirtschaft und dem sozialen Zusammenhalt weiter schaden würden.“
Die OECD hat Daten veröffentlicht, die belegen, dass die Kündigungsschutzbestimmungen nach der unter einer früheren Regierung vorgenommenen Deregulierung in Griechenland bereits schwächer sind als in den vier nordischen Ländern, in Deutschland, den Niederlanden und einigen anderen EU-Ländern.
Die IGB-Generalsekretärin und der EGB-Generalsekretär haben sich solidarisch mit dem griechischen Gewerkschaftsbund GSEE erklärt und sowohl die griechische Regierung als auch die übrigen europäischen Regierungen aufgefordert, angesichts der jüngsten Forderungen des IWF für die Rechte der griechischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzutreten.
Nach der Finanzkrise im Jahr 2010 wurden mehrere Gesetze verabschiedet (Nr. 3899/2010, Nr. 4024/2011, Nr. 4046/2012, Nr. 4093/2012 und Nr. 4172/2013), durch die das griechische Tarifverhandlungssystem (das in Gesetz Nr. 1876/90 verankert ist) radikal verändert wird. Diese Reformen wurden auf Geheiß der Troika (Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds) durchgeführt und haben zu einer erheblichen Aushebelung sowohl kollektiver als auch individueller Arbeitnehmerrechte geführt. So wurde ein neues Verfahren für die Festlegung der Mindestlöhne eingeführt, das die Zuständigkeit dafür ausschließlich der Regierung überträgt, ohne jegliche Beteiligung der Sozialpartner Sozialpartner Gewerkschaften und Arbeitgeber bzw. deren repräsentative Verbände. ; der Verhandlungsumfang wurde vermindert; branchenübergreifende und branchenspezifische Tarifverhandlungen wurden abgewertet; betriebliche Vereinbarungen wurden begünstigt und das Allgemeinverbindlichkeitsverfahren wurde abgeschafft, so dass Tarifverträge nur für die unterzeichneten Parteien verbindlich sind. Dieses Reformpaket, das die Reichweite und die Zentralität der Tarifverhandlungen neu gestaltet, konnte sich nur negativ auf den Umfang der Tarifbindung in dem Land auswirken, die von 65 Prozent vor der Krise auf derzeit 10 Prozent zurückgegangen ist.
Dennoch hat Arbeitsminister Panagiotis Skourletis nach der Wahl der Syriza-Anel-Regierung im September 2015 eine Initiative zur Wiederherstellung des Tarifprozesses in Griechenland gestartet. Um zu einem breiten Konsens zu gelangen, hat er ein dreigliedriges Treffen zu diesem Thema organisiert, woraufhin ein neuer Gesetzentwurf ausgearbeitet wurde, der darauf abzielt, die Bestimmungen des Gesetzes 1876/1990 zu novellieren und den Rahmen für Tarifverhandlungen, Vermittlungs- und Schiedsverfahren
Schiedsverfahren
Ein Mittel zur außergerichtlichen Beilegung von Konflikten durch die Einschaltung einer neutralen dritten Partei, die entweder eine Einzelperson oder ein Schiedsgremium sein kann. Bei einem unverbindlichen Schiedsverfahren steht es den Konfliktparteien frei, die daraus resultierende Empfehlung abzulehnen, während sie sich im Falle eines verbindlichen Verfahrens an den Schiedsspruch halten müssen. Als obligatorisches Schiedsverfahren wird ein Prozess bezeichnet, bei dem sich die Parteien nicht freiwillig dafür entscheiden, sondern bei dem es gesetzlich vorgeschrieben ist oder von den Behörden beschlossen wird.
vgl. Schlichtung, Vermittlung
wiederherzustellen.
Obwohl die Initiative des Ministers von allen Seiten Zustimmung fand, wurde der Gesetzentwurf dem Parlament nicht vorgelegt, weil die neue Kreditvereinbarung zwischen Griechenland und seinen Gläubigern die Gesetzesinitiative bremste. Die Vereinbarung besagt, dass sämtliche Änderungen von den vier Institutionen abgesegnet werden müssen und eine Rückkehr zu früheren gesetzlichen Regelungen nicht möglich ist.
Der Tarifprozess ruht in dem Land somit weiter, obwohl einige positive Signale aus Brüssel gesendet wurden: Am 21. März 2017 hat der Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, erklärt, dass Tarifverhandlungen, die von einer Sachverständigengruppe, die den griechischen Arbeitsmarkt untersucht hat, als „bewährtes Verfahren“ bezeichnet wurden, in dem Land wiederhergestellt werden sollten. Bei derselben Gelegenheit hat er jedoch auch festgestellt, dass die Durchführung der Reformprogramme in Griechenland zu Beginn der Krise nur langsam erfolgt sei, dass das griechische Programm noch lange nicht abgeschlossen sei und dass dies „noch viele Jahre dauern“ werde. Und einige Tage später, am 23. März 2017, forderte ein Sprecher des IWF von Griechenland weitere „Renten- und Arbeitsreformen“. Diese Forderung erscheint grotesk, wenn man sich die drastischen Kosten vor Augen führt, die den griechischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bereits in Form von Abschlägen bei den Renten, den Mindestlöhnen, den Lebensstandards und natürlich den Tarifverhandlungen entstanden sind.
Im Juli 2014 hat ein Gericht die Vorarbeiter freigesprochen, die zugegeben hatten, auf 28 Erdbeerpflücker aus Bangladesch geschossen zu haben, als sie die Zahlung ihrer seit Monaten ausstehenden Löhne forderten. Politiker, Gewerkschaften und antirassistische Gruppen haben die Urteile scharf kritisiert und von einem schwarzen Tag für die Justiz gesprochen. Der Fall hat die erschreckenden Bedingungen deutlich gemacht, denen Gastarbeiter in Griechenland häufig ausgesetzt sind. Zwei weitere der schweren Körperverletzung und des illegalen Waffenbesitzes Angeklagte wurden zu 14 Jahren und sieben Monaten bzw. zu acht Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt, jedoch bis zur Revision auf freien Fuß gesetzt. Auf die Erdbeerpflücker war im April 2013 geschossen worden, als sie auf einer Plantage in Manolada auf dem südlichen Peloponnes die Zahlung ihrer seit sechs Monaten ausstehenden Löhne forderten. Vier von ihnen wurden bei der Schießerei schwer verletzt. Die Migranten mussten unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten, ohne Zugang zu grundlegenden sanitären Einrichtungen.
Im Juli 2014 haben Elektrizitätsarbeiter aus Protest gegen die Privatisierung der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft gestreikt. Die Regierung hat daraufhin Notstandsgesetze geltend gemacht, um den Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
für illegal zu erklären und die Beschäftigten zur Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu zwingen. Ihnen wurde mit Verhaftung gedroht, falls sie den Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
fortsetzten. Die Gewerkschaften haben dagegen protestiert, dass auf autoritäre Gesetze zurückgegriffen wird, um Beschäftigte an der Verteidigung öffentlicher Güter zu hindern.
Im Mai 2014 wurden Mitglieder der griechischen Metallarbeitergewerkschaft auf freien Fuß gesetzt, nachdem sich ihre Gewerkschaft zwei Jahre lang um ihre Freilassung bemüht hatte. Nachdem sich die prekären Arbeitsbedingungen seit über einem Jahr erheblich weiter verschlechtert hatten, legten die Beschäftigten der griechischen Skaramanga-Werft am 4. Oktober 2012 die Arbeit nieder. Sie waren ein ganzes Jahr lang nicht bezahlt worden. Bei einer anschließenden Protestaktion vor dem Verteidigungsministerium kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei und zu Festnahmen von Beschäftigten. Infolge der Übergriffe der Polizei und des Ministeriums wurden 12 Gewerkschafter angeklagt, darunter der Vorsitzende der Gewerkschaft POEM. Die gerichtliche Anhörung fand am 1. Oktober 2013 statt, aber der Entscheid erging erst am 5. Mai 2014.
Zum dritten Mal während des Jahres 2013 drohte die griechische Regierung mit dem Rückgriff auf Notstandsgesetze, um Streikende zur Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu zwingen, als die Lehrergewerkschaft OLME am 17. Mai 2013 zum Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
aufrief, um gegen den neuen Plan der Regierung zu protestieren, der die Versetzung von 4.000 Sekundarstufenlehrkräften in entlegene Gegenden Griechenlands sowie die Entlassung von rund 10.000 Teilzeitkräften nach Ablauf ihrer befristeten Verträge ermöglicht.
Im Januar 2013 erzwang die Regierung die Beendigung eines neuntägigen Streiks im Verkehrswesen. Die Gewerkschaft der Athener U-Bahn-Beschäftigten hatte zu dem Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
aufgerufen, um gegen von der Troika (Europäische Kommission, IWF, Europäische Zentralbank) geforderte Lohnkürzungen zu protestieren. Als sich weitere Transportbeschäftigte dem Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
anschlossen, drohte die Regierung mit Massenverhaftungen und dem Einsatz der Polizei, um die Streikenden zur Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu zwingen. Die U-Bahn-Beschäftigten hatten den Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
aus Protest gegen ihre geplante Integration in die Lohn- und Gehaltsstruktur des öffentlichen Dienstes begonnen.
Im Februar 2013 griff die Regierung auf Notstandsgesetze zurück, um streikende Seeleute zur Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu zwingen. Die Streikenden forderten die Zahlung mehr als sechsmonatiger Lohnrückstände und die Unterzeichnung von Tarifverträgen mit den Fährgesellschaften. Tausende Demonstranten versammelten sich im größten Hafen des Landes, um gegen die Anordnung zu protestieren, und die beiden größten Gewerkschaften des Landes riefen aus Solidarität mit den Seeleuten zu einem eintägigen regionalen Streik
Streik
Die gängigste Form einer Arbeitskampfmaßnahme; eine kollektive Arbeitsniederlegung der Beschäftigten für eine bestimmte Zeit; kann vielfältige Formen annehmen.
vgl. Generalstreik, unterbrochener Streik, rollierender Streik, Sitzstreik, Sympathiestreik, wilder Streik, Bummelstreik
im Großraum Athen auf.
Die in den Memoranden der Troika festgelegten Bedingungen haben auch die Arbeitgeber und ihr Weisungsrecht zunehmend gestärkt. Laut dem Allgemeinen Gewerkschaftsbund Griechenlands (GSEE) hat dies die Gleichgewichte zu Ungunsten der Gewerkschaften und Beschäftigten verschoben. Die wichtigsten Maßnahmen sind: Einführung der Konzeption der „Arbeitskräftereserve“ im öffentlichen Sektor als Vorstufe zur Entlassung, die Möglichkeit, dass Arbeitgeber einseitig Jobrotation und Suspendierung verfügen können (neun bzw. drei Monate), die drastische Erhöhung der Schwelle für Massenentlassungen (Senkung der Abfindungen, Verkürzung der Kündigungsfrist) sowie eine Verlängerung der Probezeiten (ein Jahr) ohne Abfindung im Falle einer Entlassung; die Abschaffung der Bezahlung von Abfindungen in einem Betrag (jetzt zweimonatliche Raten); die vereinfachte Entlassung älterer Beschäftigter kurz vor dem Rentenalter und die Verlängerung der Dauer der Zeitarbeit über Agenturen von 12+6 Monaten auf drei Jahre.
Der Allgemeine Gewerkschaftsbund Griechenlands (GSEE) ist der Meinung, dass die in den Memoranden der Troika festgelegten Bedingungen darauf abzielen, das System der Schaffung von Mindeststandards in Tarifverträgen abzuschaffen, das sich in Griechenland seit über 20 Jahren bei der Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Stabilität und der Förderung der Entwicklung gut bewährt hat. Weiterhin hatten die jüngsten erheblichen Eingriffe in das System der Tarifverhandlungen zum Ziel, die Löhne und Gehälter auf dem privaten Sektor zu kürzen und Tarifverhandlungen letztlich nicht einfach durch betriebliche Verträge, sondern durch Einzelverträge zu ersetzen.
Es fanden Gespräche zwischen der Regierung und der Troika über eine effektive Aufhebung der Verlängerung der sektoralen Tarifverträge statt, obwohl sowohl die Gewerkschaften als auch Arbeitgeberorganisationen ihre Unterstützung für diese zum Ausdruck gebracht hatten. Die Einführung der speziellen betrieblichen Tarifverträge mit Gesetz Nr. 3899/2010 war ein erster Schritt in Richtung einer Schwächung der sektoralen Verträge, um die Löhne und Gehälter ohne Garantien für die Beschäftigten zu kürzen.
Laut dem GSEE äußerte sich die Absicht der Regierung und der Troika, die Gewerkschaften in Tarifverhandlungen keine Rolle mehr spielen zu lassen, in der Möglichkeit, atypischen „Personenverbänden“, die keine Gewerkschaften sind, zu erlauben, spezielle betriebliche Tarifverträge abzuschließen. Die Rolle der Gewerkschaften beim Abschluss von Tarifverträgen über Arbeitszeitvereinbarungen wurde bereits unterminiert, und ein „Personenverband“ erhielt das Recht, solche Tarifverträge abzuschließen. Die Regierung traf Vorbereitungen, auf dieser Maßnahme weiter aufzubauen, indem sie den Abschluss von betrieblichen Tarifverträgen ohne Beteiligung einer Gewerkschaft erlaubte, um den Abschluss solcher Verträge in mittleren, kleinen und sehr kleinen Unternehmen zu erleichtern, die 99% der griechischen Unternehmen ausmachen und für die bis dahin sektorale Tarifverträge galten. Nach dem Gesetz war die Bildung von Gewerkschaften in Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten nicht erlaubt; dies war der Grund für das Vorhaben, Tarifverhandlungen mit informellen „Personenverbänden“ zuzulassen, die von Fall zu Fall gebildet wurden, d.h. mit Personen, die letztlich der Arbeitgeber zu Gesprächen einlud, ohne dass es eine Garantie für Unabhängigkeit gegeben hätte.
Diese Situation hat die griechischen Gewerkschaften machtlos gemacht, wobei auch noch Änderungen am System der Vermittlung
Vermittlung
Ein Prozess zwischen Schlichtung und Schiedsverfahren, bei dem der Vermittler neutral ist und den an einem Arbeitskonfliktbeteiligten Parteien bei einer Einigung hilft, indem er mögliche, unverbindliche Lösungen vorschlägt; wird auch als Mediation bezeichnet.
vgl. Schiedsverfahren, Schlichtung
und der Schlichtungsverfahren hinzukamen. Die hochrangige Mission der IAO
Internationale Arbeitsorganisation
Eine dreigliedrige Organisation der Vereinten Nationen (UN), die 1919 ins Leben gerufen wurde, um die Arbeits- und Lebensbedingungen zu fördern. Sie ist die für die Formulierung und Überwachung internationaler Arbeitsnormenwichtigste internationale Organisation.
vgl. Dreigliedrigkeit, IGB-Leitfaden für internationale Gewerkschaftsrechte
, die Griechenland im September 2011 besuchte, zeigte sich tief besorgt über die Entwicklungen „zum Schaden des gesellschaftlichen Friedens und der Gesellschaft im Allgemeinen“.
Griechenland stand während des ganzen Jahres 2011 im Zentrum der europäischen Schuldenkrise. Während die Aufmerksamkeit vor allem den Auswirkungen auf die griechische Volkswirtschaft, den Wohlfahrtsstaat und das soziale Sicherheitssystem galt, hatte die Krise auch erhebliche Folgen für die Gewerkschaften und ihre Arbeitsweise.
Im Kampf um einen Schuldenabbau und wegen der Mitgliedschaft in der Eurozone, durch die der Ausweg einer Abwertung der Währung versperrt war, musste die griechische Regierung unter dem Druck des Memorandums der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (der so genannten „Troika“) stattdessen den Weg einer „inneren Abwertung“ gehen, d.h. eines tiefen Einschnitts in die Löhne und Gehälter und den Lebensstandard. So wurden z.B. die Arbeitszeiten im gesamten öffentlichen Sektor ab Juni 2011 verlängert.
Dies hatte Folgen für die Gewerkschaftsrechte im Hinblick auf Vereinigungsfreiheit
Vereinigungsfreiheit
Das Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften nach eigener Wahl sowie das Recht der Gewerkschaften, ungehindert zu arbeiten und ihre Aktivitäten ohne unzulässige Eingriffe zu verrichten.
vgl. IGB-Leitfaden für internationale Gewerkschaftsrechte
und Tarifverhandlungen. Änderungen gab es bei den Regeln für Tarifverhandlungen im Oktober 2011, wobei im neuen System Verhandlungen auf betrieblicher Ebene gegenüber Verträgen auf Sektor- oder Branchenebene Vorrang erhielten. Es erlaubte es auch, dass Personenverbände Tarifverhandlungen aufnehmen konnten, eine Maßnahme, die auf kleinere Unternehmen zielte.
Gewerkschaftliche Organisationen wie der Allgemeine Gewerkschaftsbund Griechenlands (GSEE) betrachteten einige dieser Maßnahmen als einen Versuch, den Rahmen der Sozialpartnerschaft zu destabilisieren und die Rolle der Gewerkschaften zu schwächen. Der Vorsitzende des Wirtschafts- und Sozialrats Griechenlands hat weiterhin erklärt, dass der soziale Dialog keine wirkliche Chance hatte, weil die Dynamik der Krise Fortschritte verhinderte.
Griechische Banken haben in den letzten Jahren systematisch eine Strategie der Vermeidung branchenspezifischer Tarifverhandlungen verfolgt. Die größten Banken und der Verband Hellenic Bank Association (EET), der sich nicht als Arbeitgeberorganisation ansieht, haben sich geweigert, sich mit der Gewerkschaft Greek Federation of Bank Employee Unions (OTOE) an einen Tisch zu setzen, und verhandeln stattdessen auf Unternehmensebene, um dann individuelle Gehaltspläne umzusetzen. Als die OTOE um Schlichtung
Schlichtung
Der Versuch einer neutralen dritten Partei, eines Schlichters, bei der Beilegung eines Arbeitskonfliktes behilflich zu sein, indem die Kommunikation verbessert wird, Ratschläge gegeben werden und bei der Interpretation strittiger Fragen geholfen wird, um die Konfliktparteien so weit zu bringen, dass sie ihre Differenzen beilegen können. Ein Schlichter spielt keine so aktive Rolle wie ein Vermittler oder ein Schiedsmann.
vgl. Schiedsverfahren, Vermittlung
nachsuchte, beantragte die EET beim Athener Verwaltungsgericht der ersten Instanz, den Schlichtungsprozess zu stoppen. Die Vorabentscheidung des Gerichts wies den Antrag der EET zurück.